Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de

 

Alois G. wird am 16. Dezember 1923 in Koblenz geboren. Zunächst lebt er im Elternhaus in der Salierstraße.

14. Oktober 1940
Alois kommt in die Erziehungs- und Pflegeanstalt Scheuern b. Nassau a.d. Lahn (heute Stiftung Scheuern in Nassau/Lahn).

3. Juni 1941
Im Alter von 17 Jahren wird er für den damaligen Reichsarbeitsdienst (RAD) gemustert und für untauglich erklärt. Er erhält einen Ausmusterungsschein.
Offenbar aufgrund dieses Musterungsergebnisses wird bei ihm eine „mittelgradige geistige Behinderung“ diagnostiziert.

1. Juli 1941 Alois wird von Scheuern aus mit einem Bus der „Gemeinnützigen Krankentransport GmbH“, einem Unternehmen, das eingeschaltet ist, um die Anstaltsmorde zu tarnen, in die Tötungsanstalt Hadamar bei Limburg/Lahn „verlegt“ und dort am selben Tag vergast.
Zufällig auch am 1. Juli 1941 schreibt Alois’ Mutter ihm in die Anstalt Scheuern:
Lieber Alois! Komme Mittwoch, den 21. Juli, Dich besuchen. Gegen 10 Uhr bin ich bei Dir. Inzwischen herzlichen Gruß. Deine Mutter.

2. Juli 1941 Unmittelbar nach ihrem Schreiben ist seine Mutter misstrauisch geworden und fährt voller Sorge am nächsten Tag nach Scheuern. Alois kann sie nicht besuchen - wie denn auch, er ist tags zuvor nach Hadamar verschleppt und dort ermordet worden. In Scheuern sagt man ihr, der Sohn sei in eine andere, noch unbekannte Anstalt verlegt worden.

4. Juli 1941 Alois’ Schwester schreibt an die Anstalt Scheuern:
Von meiner Mutter erhielt ich die Nachricht, dass mein Bruder Alois sich nicht mehr in Ihrer Anstalt befindet und Sie es Mutter auch nicht mitgeteilt haben, wo sich der Junge befindet. Nun möchte ich Sie höflichst bitten, mir als Schwester die Auskunft zu geben, wo mein Bruder jetzt ist oder ob ihm etwas zugestoßen ist. Sie können mir unverhüllt alles schreiben, was Sie der Mutter vielleicht nicht schreiben werden, da dieselbe sehr leidend ist und es ihrer Gesundheit schaden könnte. Beiliegend Adresse. Bitte höflichst um baldige Antwort. Mit deutschem Gruß. Heil Hitler!


8. Juli 1941 Der Direktor der Anstalt Scheuern teilt Alois’ Schwester mit:
Leider kann ich Ihnen auch bezüglich Ihres Bruders Alois keine weitere Auskunft geben, da mir der Name der Anstalt, in die er gekommen ist, nicht bekannt ist. Wie mir aber gesagt wurde, benachrichtigt diese Anstalt die Angehörigen von der Aufnahme. Es ist also anzunehmen, dass Ihre Mutter inzwischen Nachricht erhalten hat. Heil Hitler!


Einige Tage später erhält Alois’ Mutter aus Hadamar die Nachricht von Alois’ ganz unerwarteten „Heimgang“ aufgrund einer frei erfundenen Krankheit. Wieder etwas später kommt mit der Post eine Urne, die angeblich Alois’ Asche enthalten soll.

Die Anstalt Scheuern teilt der Mutter wieder etwas später mit, dass dort noch Alois’ Sachen seien und abgeholt werden könnten.

31. Juli 1941 Die Urne wird beigesetzt und eingesegnet.

5. August 1941  Alois’ Mutter schreibt an die Anstalt Scheuern:
Ich teile Ihnen höflichst mit, dass ich in den (nächsten) Tagen die Sachen meines Sohnes Alois von dort abholen werde. Ich bitte Sie höflich, die Sachen zurechtlegen zu wollen. Im Voraus bestens für prompte Erledigung dankend, zeichnet mit Heil Hitler.


11. August 1941   Alois’ Mutter holt seine Sachen in der Anstalt Scheuern ab.