Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de

 

Im Jahr 1887 kommt Isidor Treidel in Mayen zur Welt, im Jahr 1892 in Limburg/Lahn seine Frau Erna, geb. Hecht. Beide sind Juden. Nach dem Abitur studiert Isidor Rechtswissenschaft und legt im Jahr 1909 das Erste Staatsexamen mit der Ausnahmenote „gut“ ab. Während der Referendarzeit wird er promoviert und besteht 1913 das Zweite Staatsexamen. Im selben Jahr lässt sich Dr. Isidor Treidel als Rechtsanwalt in Mayen nieder. Im I. Weltkrieg ist er „Frontsoldaten“ und wird mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse (EK II) ausgezeichnet. Aus der Ehe der Treidels gehen drei Kinder hervor, der Sohn Fritz (*1918) und die Töchter Lore und Helga. Bald ist Treidel am Amts- und Landgericht Koblenz zugelassen. Er verlegt seine Kanzlei nach Koblenz. Treidel ist auch im Reichsbund jüdischer Frontkämpfer aktiv. Die Treidels sind im Kulturbund, ihre Wohnung in der Mainzer Straße 10a ist ein Treffpunkt von Gästen, die Theater und Dichtung lieben.

April 1933 Während viele andere jüdische Rechtsanwälte aufgrund des „Gesetzes zur Zulassung zur Rechtsanwaltschaft“ vom 7. April 1933 ihre Zulassung verlieren, kann Dr. Treidel als „Frontkämpfer“ noch Rechtsanwalt bleiben.


1935 Im Zuge der „Nürnberger Rassengesetze“ steht Dr. Treidel auf der „Judenliste von Koblenz“. Man ruft zum Boykott seiner Rechtsanwaltskanzlei auf, ihm wird es insbesondere verboten, staatliche und kommunale Stellen zu vertreten.

Treidel verteidigt vor den Strafgerichten politisch Verfolgte und kämpft mit den Mitteln des Rechts gegen die zunehmende Rechtlosigkeit der Juden.

1937 Sohn Fritz macht als letzter jüdischer Schüler am Kaiser-Wilhelm-Realgymnasium (heute: Eichendorff -Gymnasium) Abitur.


9. November 1938 In der „Reichspogromnacht“ überfallen SA-Leute u.a. die Wohnung der Treidels, verwüsten diese und misshandeln Isidor Treidel.

Mitte November 1938
Tochter Helga muss als letzte jüdische Schülerin das Hilda-Gymnasium verlassen.

Aufgrund der 5. Verordnung zum „Reichsbürgergesetz“ wird Dr. Treidel die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft beim Amts- und Landgericht Koblenz zurückgenommen. Er ist nur noch „
Rechtskonsulent“ und zugelassen lediglich zur rechtlichen Beratung und Vertretung von Juden. Mit seiner Wohnung und Praxis begibt er sich in die Kastorpfaffenstraße 12.

Ihre Kinder können die Treidels in Sicherheit bringen: Fritz geht in die Schweiz, Lore zunächst nach Frankreich, später in die USA, und Helga nach England.

Treidel bemüht sich, zusammen mit dem in Koblenz verbliebenen „Rechtskonsulenten“, Dr. Arthur Salomon, die rechtlichen Interessen der Juden wahrzunehmen und dadurch ihr Schicksal wenigstens etwas zu lindern.

März 1942
Als auch Dr. Salomon bei der 1. Deportation von Koblenz aus in den Osten verschleppt wird, ist Treidel der letzte Rechtsvertreter der Juden in Koblenz.

27. Juli 1942 Lina Hecht, die Mutter Erna Treidels, wird im Alter von 77 Jahren bei der 4. Deportation von Koblenz aus ins KZ Theresienstadt verschleppt.
Treidel ist „auf jüdischer Seite“ für den Transport verantwortlich.

13. Juni 1943 Der „Konsulent“ Treidel zeigt dem Herrn Landgerichtspräsidenten in Koblenz ergebenst an, dass (er) am 16. Juni 1943 von hier abwander(e).

16. Juni 1943 Dr. Isidor Treidel und seine Frau Erna werden mit der 6. Deportation von Koblenz aus in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert.

15. Oktober 1944 Unter der Bezeichnung „Arbeiter“ und „Haushalt“ werden Isidor und Erna Treidel vom KZ Theresienstadt in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau verschleppt und kurz darauf in den Gaskammern ermordet.