Der 1928 geborene Werner Appel stammt aus einer jüdischen Familie, deren Männer wiederholt christliche Frauen geheiratet haben. So ist es auch bei seinem Vater Adolf. Er heiratet die Katholikin Gertrud Patrosio, die zum jüdischen Glauben übertritt. Beide betreiben in Koblenz, Kastorhof 4, die Pension „Rheinperle“.
1. April 1933 Die Nationalsozialisten organisieren reichsweit den „Judenboykott“. Dadurch verliert auch die „Rheinperle“ immer mehr Gäste.
Ostern 1934 Werner wird in die Kastorschule in Koblenz eingeschult. Sein Lehrer ist ein überzeugter Nationalsozialist. Er macht es Werner und den drei anderen jüdischen Schülern schwer. Sein Vater erzieht ihn im jüdischen Glauben und geht mit ihm oft in die Synagoge.
15. September 1935 Mit den „Nürnberger Gesetzen“ werden die Deutschen jüdischer Herkunft zu Bürgern zweiter Klasse degradiert. Werner ist danach „Geltungsjude“.
18. September 1935 Das Nazi-Blatt „Koblenzer Nationalblatt“ veröffentlicht die „Judenliste von Koblenz“ und ruft zum Boykott der dort genannten Geschäfte, Ärzte, Rechtsanwälte und Gewerbetreibenden auf. Auf der Liste steht auch die „Rheinperle“.
Dezember 1935 SA-Leute überfallen die Pension „Rheinperle“. Sie drangsalieren Werners Vater und verletzen ihn schwer.
Juli 1936 Werners Vater Adolf stirbt an den Folgen der Misshandlungen.
1937/38 Werners Mutter Gertrud schlägt sich und ihre Kinder – inzwischen sind Werners Schwestern Ruth (1934) und Käthe („Marlene“, 1936) geboren – mit Putzarbeiten durch. Werner hilft mit. Er fährt mit einem Fahrrad Brot und Brötchen aus und versorgt in der Abwesenheit der Mutter die kleinen Schwestern.
9./10. November 1938 Werner erlebt als 10-Jähriger den Novemberpogrom („Reichspogromnacht“) in Koblenz.
11. November 1938 Am folgenden Tag wird Werner aus der Schule fortgeschickt. Es ist sein letzter Schultag. Juden dürfen nämlich keine öffentlichen Schulen mehr besuchen.
1939 Werner gelingt es, als „Spüljunge“ auf einem Schiff der Köln-Düsseldorfer Dampfschifffahrtsgesellschaft (KD) zu arbeiten. Als von ihm eine Arbeitskennkarte verlangt wird und diese mit einem „J“ gekennzeichnet ist, kann er dort nicht weiter beschäftigt werden.
1941 Mit Hilfe eines Bekannten gelingt ihm der Arbeitseinsatz bei der Organisation Todt in Kiew/Ukraine. Schon bald fällt er aber auf und muss zurück nach Koblenz.
1941 Der Schausteller Theo Ehrhardt nimmt sich Werners an und versteckt ihn jahrelang in seinem Geschäft. Zuletzt, kurz vor Kriegsende, hält sich Werner noch in einem unbenutzten Brennofen einer Ziegelei in Koblenz-Metternich verborgen.
Nach der Befreiung wandert Werner Appel nach Palästina aus und geht dort zum Militär. Er ist aber nicht glücklich und kehrt nach Deutschland zurück. In Berlin wird er bald Friedhofsverwalter und dann Leiter des jüdischen Altersheims. Heute lebt er mit seiner Frau in Frankfurt/Main. Immer wieder stellt er sich in Schulen als Zeitzeuge zur Verfügung und wirbt für ein Engagement gerade der Jugend in Staat und Gesellschaft. Werner Appel wird das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und der Pater-Eisenkopf-Preis verliehen.