Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de

   

Manfred Moses Goldschmidt ist das dritte von acht Kindern der Eheleute Joseph und Johanna Goldschmidt, geb. Fröhlich. Die Familie ist jüdisch und lebt in Würzburg. Dort kommen auch Manfred und seine Geschwister zur Welt. Anfang der 1920er Jahre zieht die Familie nach Mainz, die Eltern eröffnen dort wohl eine Gaststätte. Nach dem Schulbesuch beginnt Manfred eine Lehre als Metzger und kaufmännischer Angestellter, beide bringt er nicht zu Ende. Mit 18 Jahren, im Jahr 1930, tritt bei ihm eine psychische Erkrankung auf. Er kommt in verschiedene Heil- und Pflegeanstalten, ist aber auch immer wieder zu Hause bei seinen Eltern. Die Ärzte stellen bei ihm eine Schizophrenie fest. Das ist ein psychisches Leiden, bei dem der Kranke zwei Wirklichkeiten wahrnimmt, die „reale“ Wirklichkeit und eine andere, krankheitsbedingte. 

14. Juli 1933  Als eines der ersten Gesetze erlassen die Nationalsozialisten das  „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“. Es erlaubt die Zwangssterilisation von Menschen mit bestimmten Behinderungen und Krankheiten. Hierüber entscheiden so genannte Erbgesundheitsgerichte.

29. Juni 1934  Auf den Antrag des Kreisarztes hin beschließt das Erbgesundheitsgericht Worms Manfreds Unfruchtbarmachung wegen Schizophrenie.
Vater Joseph legt als gesetzlicher Vertreter gegen diesen Beschluss Beschwerde u.a. mit der Begründung ein, aus religiösen Gründen sei er gegen eine Sterilisation.

13. Oktober 1934  Das Beschwerdegericht, das Erbgesundheitsobergericht Darmstadt, weist die Beschwerde zurück und erklärt die Bedenken des Vaters als unbeachtlich. 

22. Oktober 1934  Manfred wird im Stadtkrankenhaus von Mainz zwangsweise sterilisiert. 

1934 - 1941  Die Krankheit tritt immer wieder in Schüben auf. Manfred ist eine Zeitlang zu Hause bei seinen Eltern, dann wieder in einer Heil- und Pflegeanstalt. Zuletzt ist er im Dezember 1940 bei seinen Eltern. Durch die die Juden diskriminierenden Rassengesetze der Nationalsozialisten und durch den staatlich gelenkten Boykott können die Eltern lediglich sehr eingeschränkt erwerbstätig sein.  
Sie betreiben nur noch eine Speisestätte speziell für Juden. Bald können sie auch dieser Beschäftigung nicht mehr nachgehen und sind arbeitslos.

12. Dezember 1940  Ein Runderlass des Reichsinnenministeriums erklärt die gemeinsame Unterbringung von Juden und Deutschen“ in Heil- und Pflegeanstalten für nicht tragbar. Zur „Behebung dieser Missstände“ ordnet er an, dass geisteskranke Juden nur noch in die von der Reichsvereinigung der Juden unterhaltene Heil- und Pflegeanstalt in Bendorf-Sayn, Kreis Koblenz, aufgenommen werden dürfen.   

1942  Manfred wird zwangsweise in die Israelitische Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke in Bendorf-Sayn eingeliefert.

30. April 1942  Zusammen mit 104 Juden – davon 98 zuletzt in Bendorf-Sayn gemeldeten – wird Manfred Moses Goldschmidt über den Güterbahnhof Koblenz-Lützel in das Durchgangsghetto Krasniczyn deportiert. Krasniczyn ist ein kleines Ghetto im Distrikt Lublin im „Generalgouvernement“ und im Nachbarort des größten Durchgangsghettos Izbica. Zwischen Anfang Mai und dem 6. Juni 1942 wird Manfred wie auch die anderen aus Koblenz und Umgebung Verschleppten - sehr wahrscheinlich - in das Vernichtungslager Sobibor transportiert und dort noch am selben Tag mit Motorabgasen ermordet. 

24. September 1942  Manfreds Eltern Joseph und Johanna Goldschmidt werden von Mainz aus über Darmstadt in das  Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. 

28. Oktober 1944  Von Theresienstadt verschleppt man sie weiter in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Dort  werden sie mit Giftgas ermordet.