Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de

 


Carl Einstein wird als zweites Kind der jüdischen Eheleute Daniel und Sophie (geb. Lichtenstein) Einstein am 26. April 1885 in Neuwied am Rhein geboren. Der Vater stammt aus dem Allgäu, er ist jüdischer Kantor und Religionslehrer und wahrscheinlich von Berufs wegen nach Neuwied gekommen. 1888, Carl ist drei Jahre alt, wird der Vater Direktor des Landesstifts für den jüdischen Religionslehrernachwuchs in Karlsruhe; die Familie zieht um. Als Carl 14 und seine Schwester Hedwig 15 Jahre alt sind, stirbt der Vater. Nach einer etwas komplizierten Schulzeit und einer abgebrochenen Banklehre zieht Carl Einstein 1903 nach Berlin. Dort studiert er Philosophie, Kunstgeschichte, Geschichte und Altphilologie, bricht aber auch das Studium ab. Stattdessen verkehrt er in Intellektuellen- und Künstlerkreisen. Einstein veröffentlicht zahlreiche literarische Texte. 1914 meldet er sich als Kriegsfreiwilliger, schreibt und veröffentlicht weiter, u.a. die kunsttheoretische Arbeit „Die Negerplastik“. Im Dezember 1918 in Berlin zurück, engagiert er sich für die KPD. Danach gibt er seine unmittelbare politische Arbeit auf und konzentriert sich auf Kunstkritik, schreibt u.a. „Die Kunst des 20. Jahrhunderts“. Einstein ist einer der wichtigsten deutschsprachigen Theoretiker der Moderne. Nach Reisen durch Italien zieht es ihn nach Paris, in die damalige Weltkultur-Hauptstadt. 1932 heiratet er seine zweite Ehefrau, die Französin Lyda Guévrékian, eine in Persien aufgewachsene Armenierin.

 

1933  Auch in Paris ist Carl Einstein sehr kreativ. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Surrealismus, ist u.a. mit dem Maler, Grafiker und Bildhauer Georges Braque befreundet, über den er 1934 eine Biografie veröffentlicht. Mit Jean Renoir arbeitet er an dem Skript für den Film „Toni“.

Sommer 1936   Einstein reist mit anderen Pariser Antifaschisten nach Spanien, um am Spanischen Bürgerkrieg auf Seiten der Republik teilzunehmen. Seine Frau folgt ihm. Obwohl er eigentlich mit den Kommunisten kämpfen will, schließt er sich den Anarchosyndikalisten an, der Federación Anarquista Ibérica (FAI, zu deutsch: Iberische Anarchistische Föderation), dem militärischen Arm der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft Confederación Nacional del Trabajo (CNT). Während seine Frau Lyda Krankenschwester bei dieser Organisation ist, gehört er zur Gruppe International der „Kolonne Durruti“. An der Aragón-Front wird Einstein mehrfach verwundet.

Januar 1939  Am Ende des Spanischen Bürgerkrieges kehrt er schwer verwundet mit seiner Frau Lyda nach Frankreich zurück. Er wird im Lager Argelès interniert, kann aber bald nach Paris zurückkehren.

10. Mai 1940  Die deutsche Wehrmacht überfällt Luxemburg, die Niederlande und Belgien und marschiert in Frankreich ein („Westfeldzug“).

Im Zuge der Besetzung Nord- und Westfrankreichs („Nordzone“) wird Carl Einstein erneut in einem Lager in der Nähe von Bordeaux (vermutlich Bassens) interniert.

22. Juni 1940  Der Deutsch-französische Waffenstillstand wird geschlossen.

Ende Juni 1940  Einstein wird vermutlich wegen seines Alters aus dem Lager entlassen; daraufhin unternimmt er einen Selbstmordversuch in der Nähe des Mont de Marsan. Er wird gerettet und von Mönchen der Abtei Lestelle-Bétharram in Sicherheit gebracht.

Er sieht keinen Ausweg mehr, fürchtet eine Verhaftung durch die Franzosen bzw. die Deutschen. Eine Flucht über die Pyrenäen nach Spanien ist wegen seiner Beteiligung am Spanischen Bürgerkrieg unmöglich. Wie er es voraussah, wirft er sich ins Wasser, in den Fluss Pau nahe der spanischen Grenze.

7. Juli 1940  Carl Einsteins Leiche wird in Boell-Bézing im Departement Pyrénées-Atlantique gefunden.