Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de


Hermann Baruch kommt am 3. November 1894 in Kreuznach als Sohn von Salomon und Karoline (geb. Klein) Baruch zur Welt. Er hat drei ältere Geschwister: Emma (*1889), Adolf (*1891) und Julius (*1892) sowie die jüngere Schwester Johanna (*1901). Hermann und seine beiden Brüder sind „Frontkämpfer“ im Ersten Weltkrieg. Die jüdische Familie hat es schwer. Vater Salomon erblindet nach einer Lungenentzündung, Mutter Karoline verdient mit einem Obst- und Gemüsegeschäft den Lebensunterhalt der siebenköpfigen Familie.

Hermann und Julius sind sportliche Ausnahmeerscheinungen. 1924 werden sie in verschiedenen Klassen im Gewichtheben Europameister. Bei den gleichen Meisterschaften gewinnt Julius noch eine Silbermedaille im Ringen. Beide Brüder haben entscheidenden Anteil daran, dass die Kreuznacher Ringer 1925 und 1928 deutscher Mannschaftsmeister werden. Auch beruflich kommen die beiden Brüder gut zurecht. Hermann ist als Polsterer- und Tapeziermeister Inhaber eines kleinen Betriebes, Julius hat eine Autovermietung, jeweils in der Hochstraße 38.

Die beiden Brüder sind entschiedene Gegner des aufkommenden Nationalsozialismus und stören wiederholt Versammlungen der Nazis in Kreuznach.

1933 Weil sie Juden sind, werden Hermann und Julius mit einem umfassenden Sportverbot belegt. Julius darf auch nicht mehr Trainer sein. Die Geschäfte der Baruch-Brüder gehen wegen der Diskriminierung der Juden immer schlechter. Hermann hilft emigrierenden Juden, indem er Geheimfächer in den von ihnen mitgenommenen Möbeln einrichtet. In diesen können sie bei ihrer Flucht Wertsachen verstecken

Ende Juni 1938 Die Gestapo Koblenz erfährt nach einer Kontrolle beim Zoll von der Fluchthilfe mit den Geheim-fächern und sucht die Baruch-Brüder. Der älteste Bruder Adolf wird festgenommen, kann aber - wie schon länger geplant - mit seiner Familie nach Argentinien emigrieren. Bruder Julius wird verhaftet und wegen Beihilfe zu einem Devisenvergehen zu neun Monaten Gefängnis verurteilt. Hermann ist zur Festnahme ausgeschrieben, entgeht der Verhaftung, weil Freunde ihn warnen. Mit dem Auto fährt er zur deutsch-schweizerischen Grenze. Als ihm dort die Einreise verweigert wird, flieht er zur deutsch-belgischen Grenze und überquert sie zu Fuß illegal.

28. Juni 1938 Hermann schlägt sich bis nach Antwerpen durch. Dort wird ihm sein Pass für ein halbes Jahr verlängert, dann wird er ausgebürgert.

1940 Nach dem Überfall Hitler-Deutschlands am 10. Mai 1940 auf Belgien („Westfeldzug“) wird Hermann von der belgischen Polizei in Antwerpen festgenommen. Er kommt nach Südfrankreich und in das Internierungslager Récébédou bei Toulouse. Von Récébédou verschleppt man ihn weiter in das Durchgangslager Drancy bei Paris.

26. August 1942 In Drancy wird er im Transport Nr. 24 (Zug 901-19) mit 1.001 anderen Häftlingen in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Dort werden sofort 937 von ihnen in die Gaskammern gebracht und ermordet. 1945 überleben von den 1.002 Deportierten 24 Personen. Hermann Baruch gehört nicht zu ihnen.

Auch Hermanns Mutter und seine drei Geschwister, die nicht fliehen konnten, kommen im Holocaust um.

12. November 1941 Die jüngere Baruch-Schwester Johanna, verh. Rosenberg, wird von Frankfurt/Main aus nach Minsk (Weißrussland) verschleppt und stirbt dort.

27. Juli 1942 Die 81jährige Mutter Karoline wird schwerkrank im Transport III/2 mit 1.164 anderen jüdischen Menschen ins „Altersghetto“/ KZ Theresienstadt deportiert. Dort kommt sie am 28. Juli 1942 an, dann verliert sich ihre Spur.

30. August 1943 Die ältere Baruch-Schwester Emma, verh. Reichert, verschleppt man von Frankfurt/Main aus in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und ermordet sie dort.

2. September 1944 Hermanns älterer Bruder Julius wird verhaftet. Auch die „Mischehe“, in der er lebt, bietet ihm keinen Schutz mehr. Mehrere Monate ist er in Bad Kreuznach inhaftiert.

16. Februar 1945 Er wird in das KZ Buchenwald deportiert. Ende März 1945 stirbt Julius Baruch - entweder im KZ oder auf dem „Todesmarsch“.