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Die Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 - die scheinlegale Grundlage für das Verbot der Ernsten Bibelforscher (heute: Zeugen Jehovas)

Die Durchführungsverordnung des Preußischen Innenministers vom 3. März 1933, mit der die wenige Tage zuvor erlassene Reichsbrandverordnung des Reichspräsidenten noch verschärft und erweitert wurde.

 Verfügung des Preußischen Ministers des Innern vom 24. Juni 1933, mit der die die Ernsten Bibelforscher (heute: Zeugen Jehovas) verboten wurden:

Aufgrund des § 1 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar 1933 (RGB1. S. 83) in Verbindung mit § 14 PVG (Preußisches Polizeiverwaltungsgesetz) wird die Internationale Bibelforscher-Vereinigung einschließlich ihrer sämtlichen Organisationen (Wachtturm-, Bibel- und Traktatgesellschaft Lünen-Magdeburg der Neuapostolischen Sekte) im Gebiet des Freistaates Preußen aufgelöst und verboten. Das Vermögen wird beschlagnahmt und eingezogen. Zuwiderhandlungen gegen die Anordnung werden auf Grund des § 4 der Verordnung vom 28. Februar 1933 bestraft.

Gründe:

Die Internationale Bibelforscher-Vereinigung und die ihr angeschlossenen Nebenorganisationen betreiben in Wort und Schrift unter dem Deckmantel angeblich wissenschaftlicher Bibelforschung eine unverkennbare Hetze gegen die staatlichen und kirchlichen Einrichtungen. Indem sie beide als Organe des Satans bezeichnen, untergraben sie die Grundpfeiler völkischen Gemeinschaftslebens. In ihren zahlreichen Schriften (...) verhöhnen sie die Einrichtungen von Staat und Kirche in bewusster, böswilliger Verdrehung biblischer Bilder. Ihre Kampfmethoden sind durch die fanatische Beeinflussung ihrer Anhänger gekennzeichnet, durch nicht unerhebliche Geldmittel gewinnen sie an Stoßkraft bei ihrer kulturbolschewistischen Zersetzungsarbeit. Ihre Einflussnahme auf breite Volksschichten beruht zum Teil auf eigenartigen Zeremonien, die eine Fanatisierung der Anhänger und damit eine unmittelbare Störung des seelischen Gleichgewichts der betroffenen Volkskreise erzeugen. Da hiernach die Tendenz der genannten Vereinigung in besonders sinnfälligem Gegensatz zum heutigen Staat und seiner kulturellen und sittlichen Struktur stehen, sehen die ,,Internationalen Bibelforscher" naturgemäß ihren Kampfzielen entsprechend den aus der nationalen Erhebung hervorgegangenen christlich-nationalen
Staat als einen besonders markanten Gegner an, dem gegenüber sie die Methoden ihres Kampfes radikal verstärkt haben. Dies beweisen die verschiedenen gehässigen Angriffe von führenden Funktionären, die in Wort und Schrift gegen den Nationalsozialismus und seine maßgeblichen Vertreter in jüngster Zeit vorgetragen worden sind. (Vgl. Bericht des Polizeipräsidenten von Wuppertal vom 31. 5. 1933 - 1 Ad. 1 60001). Damit ist zugleich der Einwand des rein religiösen weltanschaulichen Kampfes widerlegt. Die Gefährlichkeit der Umtriebe der genannten Vereinigungen für den heutigen Staat wird dadurch noch gesteigert, dass in neuester Zeit in auffallend zunehmendem Maße Anhänger ehemaliger kommunistischer und marxistischer Parteien und Organisationen in ihren reichen in der Hoffnung Aufnahme gefunden haben, in diesen angeblich rein religiösen Vereinigungen einen sicheren Unterschlupf zu finden, der ihnen den getarnten Kampf gegen das heutige Regierungssystem ermöglicht. Die Bibelforscher-Vereinigung und die ihr nahe stehenden Gesellschaften leisten mithin auch auf rein politischem Gebiet dem Kommunismus Vorschub und stehen im Begriff, sich zu einer Auffang-Organisation für die verschiedensten staatsfeindlichen Elemente zu entwickeln. Eine organisatorische und zielbewusste kommunistische Betätigung wird aus den Reihen der kommunistischen Anhänger der Bewegung getätigt. Zur Abwehr kommunistischer Umtriebe und zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist daher ihre Auflösung zum Schutz von Volk und Staat geboten.


Geheimerlass des Geheimen Staatspolizeiamtes (Gestapa) vom 22. April 1937 ( II B 2/326/37/S):

Sämtliche Anhänger der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung (IBV), die nach Beendigung der Strafhaft aus dem Gefängnis entlassen werden, sind unverzüglich in Schutzhaft zu nehmen; ihre Überführung in ein Konzentrationslager ist unter Darlegung des Sachverhalts zu beantragen.

Geheimerlass des Geheimen Staatspolizeiamtes (Gestapa) vom 5. August 1937:

1.Wenn ein Bibelforscher in einem Strafverfahren freigesprochen oder die erkannte Freiheitsstrafe durch die Untersuchungshaft für verbüßt erklärt wird, so hat eine aufgrund meines Runderlasses vom 22. April 1937 - II B 2/326/37 S - etwa erforderliche Inschutzhaftnahme im Gerichtssaal selbst zunächst zu unterbleiben.

2.Wird von den Strafvollstreckungsbehörden über die bevorstehende Entlassung von Bibelforschern aus der Strafhaft Mitteilung gemacht, ist umgehend meine Entscheidung über Anordnung staatspolizeilicher Maßnahmen gem. meinem vorbezeichneten Runderlass vom 22. April 1937 einzuholen, damit die Überführung in ein Konzentrationslager unmittelbar im Anschluss an die Strafverbüßung erfolgen kann.

Solange die Überführung in ein Konzentrationslager nicht unmittelbar nach der Strafverbüßung erfolgen kann, sind die Bibelforscher in Polizeigefängnissen unterzubringen.