Zur Erklärung:
in der Zeit von 1815 (nach der Neuordnung Europas durch dessen Großmächte auf dem Wiener Kongress) bis 1920 (nach dem Ersten Weltkrieg und Abschluss des Friedensvertrages von Versailles) existierte Polen als Staat nicht. Sein Territorium war aufgeteilt zwischen dem Königreich Preußen (später: dem Deutschen Reich) - hier blau gezeichnet -, dem Kaiserreich Österreich- hier bräunlich-und dem Kaiserreich Russland- hier grünlich.
Als Norbert Widok 1921 oder 1922 geboren wird existiert kein polnischer Staat. Polen ist aufgeteilt zwischen den Nachbarstaaten Deutsches Reich, Zarenreich (alsbald:Sowjetunion) und der Doppelmonarchie Österreich Ungarn.
Großpolen - Provinz Posen — Woiwodschaft Wielkopolska
Das Gebiet um Posen, also das Gebiet zwischen Warthe (Warta) im Süden und Netze (Notec) im Norden, ist polnisches Kernland. Als sich im 10. Jahrhundert Polen zu einer Nation herausbildete, war diese Region das Zentrum der polnischen Nation. Großpolen ist die Wiege des polnischen Staates. Der politische Mittelpunkt Polens verlagerte sich bald nach Krakau und später nach Warschau. An der Zugehörigkeit Großpolens zum Königreich Polen änderte sich aber nichts. Die Bevölkerung war im Wesentlichen polnisch und katholisch. Es kamen wie in anderen Regionen aber auch Zehntausende von Siedlern aus den deutschen Ländern. Sie dominierten zunehmend das städtische Leben. ln Posen galt Jahrhunderte lang das Magdeburger Recht. Posen war Mitglied der Hanse. Im Zuge der Zweiten polnischen Teilung im Jahr 1793 fiel Großpolen an das damalige Königreich Preußen. Posen bildete eine der preußischen Provinzen. ln der Folgezeit erhöhte sich der deutsche Bevölkerungsanteil erheblich. Die meisten Siedler waren Lutheraner, diese gründeten viele protestantische Gemeinden. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges blieb das Gebiet preußisch und gehörte dann nach der Reichsgründung im Jahre 1871 zum Deutschen Kaiserreich. Nach anfänglicher Toleranz gegenüber der polnischen Bevölkerung ging die preußische Verwaltung zunehmend zu einer harten Germanisierungspolitik über. Deutsch wurde zunächst einzige Schul-, später auch einzige Geschäftssprache. Ende des Ersten Weltkrieges machte die deutsche Bevölkerung ca. 35 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Die Mehrheit der Deutschen lebte in den westlichen und nördlichen Kreisen. Der zentrale und der südliche Teil der Provinz behielten den polnischen und katholischen Charakter. In der Provinz Posen wuchs der Widerstand gegen die preußische Germanisierungspolitik, in Posen und anderen Orten bildeten sich polnische Geheimbünde. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, im November 1918, organisierten diese Bünde den großpolnischen Aufstand. Sie konnten Anfang 1919 in Posen die Macht übernehmen und den Wiederanschluss an Polen verkünden. Aufgrund des Versailler Vertrag (1919) wurde der ganz überwiegende Teil der Provinz Posen als Woiwodschaft Wielkopolska westlicher Teil der 1920 gegründeten Republik Polen. Nur eine der westlichen Regionen blieb bei Deutschland; zusammen mit den westlichen Distrikten des früheren Westpreußens wurden diese Gebiete zur Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen. Nahezu eine Million Deutsche, die bis dahin in Großpolen gelebt hatten, wanderten in den folgenden Jahren nach Deutschland aus oder wurden durch administrativen und wirtschaftlichen Druck dazu gebracht. Nach dem Überfall auf Polen im September 1939 besetzten die Deutschen weite Teile Großpolens einschließlich Posens. Sie nannten das Gebiet jetzt Warthegau (Wartheland) und richteten dort eine deutsche Verwaltung mit drei Regierungsbezirken ein: Posen, Hohensalza (polnisch: Inowroclaw) und Kalisz (seit April 1940 Lodz). Gauleiter wurde Arthur Greiser. Unter seiner Führung sollte der Warthegau zu einem Vorbild nationalsozialistischer Entwicklung für das ganze Reich werden. Greiser erklärte den Warthegau zu einem ,,Exerzierplatz des Nationalsozialismus“ auf dem ,,bevölkerungspolitische Methoden“ erprobt werden sollten. Er teilte die Bevölkerung in ,,Herrenmenschen“und ,,Untermenschen“ Die Deutschen gehörten zur ersten Gruppe, die Polen, Juden und Zigeuner zur zweiten. Während der Besatzung wurden mehr als 70.000 Polen getötet. Mehrere Hunderttausend vertrieben die Besatzer in das sog. Generalgouvernement. Andere wurden in Konzentrationslager deportiert. Viele Polen wurden zur Zwangsarbeit in das ,,Altreich“ verschleppt. Besonders rigide war die deutsche Politik gegenüber den Juden. Während der gesamten Besatzungszeit wurden ca. 450.000 Menschen systematisch getötet. Weitere 20.000 starben durch Kriegseinwirkungen. Die deutschen Behörden vertrieben mehr als 630.000 Menschen aus der Region. 450.000 wurden in Arbeitslager des Reiches verschleppt. 25.000 wurden chronisch krank. 15.000 waren verkrüppelt, meist als Folge des längeren Aufenthalts in Konzentrationslagern und Gefängnissen. Der materielle Schaden im Warthegau belief sich auf mehrere Milliarden Zloty.
Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Versailler Vertrag entsteht der Staat Polen neu. Es ist die (Zweite) Republik Polen.
Norbert Widoks Heimat wird nach dem Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen der "Mustergau Wartheland"
Der Mustergau Wartheland
Noch im Herbst 1939 schloss die NS-Führung die West- und Nordwestgebiete Polens an das Deutsche Reich an. In dem auf polnischem Gebiet gegründeten Reichsgau Wartheland, kurz Warthegau genannt, sollte auf der Grundlage der Ideologie von der Herrenrasse eine nätionalsozialistische Mustergesellschaft entstehen. Hitler plante eine ,,rassische Flurbereinigung“ Die preußische Germanisierungspolitik unter Bismarck hielt er für verfehlt. Stattdessen müsse man ,,diese rassisch fremden Elemente abkapseln, um nicht das Blut des eigenen Volkes immer wieder zersetzen zu lassen“.Grundzüge seiner Besatzungspolitik waren: Es müsse ein ,,harter Volkstumskampf“ geführt werden, der ,,keine gesetzlichen Bindungen gestattet“ Es gelte, die Führungsschicht der Polen auszuschalten. Die Bevölkerung wurde in ,,wertvolle“ und ,,nutzlose“ Volksgruppen eingeteilt. Diese Einteilung entschied über Enteignung, Deportation und Vertreibung bis zum Massen- und Völkermord. Auf dieser Grundlage wurden die im Gau Wartheland beheimateten Polen teilweise vertrieben, die Führungsschicht kam in Konzentrationslager oder wurde ermordet. Die zurückgeblieben Polen waren völlig rechtlos. Deutsch war die einige Amtssprache, alle polnischen Orts- und Straßennamen wurden durch deutsche ersetzt. Die Polen galten als ,,rassisch minderwertig“ Sie sollten ein Volk von Arbeitssklaven sein. Deutsche aus Osteuropa, Volksdeutsche genannt, wurden im Warthegau angesiedelt — und verloren auf diese Weise ebenfalls ihre Heimat. Der jüdischen Bevölkerung wurde jedes Lebensrecht abgesprochen, ihre Ermordung in Vernichtungslagern war staatliches Programm.
Die polnische Bevölkerung im ,,Warthegau“ wird von den deutschen Besatzern schikaniert, diszipliniert und unterdrückt.
Gehorsam gegen die Deutschen:
Hitler hatte dem Reichsführer-SS Heinrich Himmler und dem Gauleiter Arthur Greiser befohlen, den Reichsgau Wartheland innerhalb von zehn Jahren restlos ,,einzudeutschen“. In den internen Dokumenten der SS war von ,,rassischer Flurbereinigung“ die Rede. Im Warthegau wurde Deutsch zur einzigen Sprache der Behörden, Schulen, Kirchen,' Zeitungen und Bücher. Der Gebrauch der polnischen Sprache in der Öffentlichkeit wurde verboten, darunter fiel auch jeglicher polnischsprachiger Unterricht. Die Schulpolitik sollte die strikte Trennung von Deutschen und Polen bewirken. Im ,,Verordnungsblatt des Chefs der Zivilverwaltung beim Militärbefehlshaber in Posen" wurde der Lehrplan für die polnischen Kinder bekannt gegeben:
1. Ziel der Beschulung der Polenkinder ist in erster Linie die Erziehung zur Sauberkeit, zum anständigen Benehmen und zum Gehorsam gegenüber den Deutschen.
2. Die Unterrichtssprache ist Deutsch.
3. Die Schule vermittelt den Kindern ein genau umrissenes Wissen, das auf spätere Arbeitsnutzung ausgerichtet ist.
Nur Deutsche durften Lehrer sein. Der Unterricht sollte nicht mehr als zwei Stunden täglich betragen. Der Gauleiter persönlich wies die Schulbehörden an:
,,In den Schulen wird Deutsch nur insoweit gelehrt, als es notwendig ist, dass der polnische Arbeiternachwuchs, den wir zur Erfüllung der Kriegs- und Aufbauaufgabe brauchen, sich in deutscher Sprache verständlich machen kann, d.h. die deutsche Sprache wird Vokabel mäßig gelernt, darf aber grammatikalisch nicht richtig gesprochen werden.“
Dazu zitierte er auch aus Hitlers .,Mein Kampf“: ,,Ein fremdrassiges Volk in deutscher Sprache seine fremden Gedanken ausdrückend würde die Höhe und Würde unseres eigenen Volkstums durch seine eigene Minderwertigkeit kompromittieren“.
Heinrich Himmler, der Reichsführer-SS und Chef der deutschen Polizei sowie Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums formulierte es so:
,,Für die nichtdeutsche Bevölkerung des Ostens darf es keine höhere Schule geben als die vierklassige Volksschule. Das Ziel dieser Volksschule hat lediglich zu sein: einfaches Rechnen bis höchstens 500, Schreiben des Namens, eine Lehre, dass es ein göttliche Gebot ist, den Deutschen gehorsam zu sein und ehrlich und fleißig und brav zu sein. Lesen halte ich nicht für erforderlich.“
Das ,,Gauamt für Volkstumsfragen“ warnte umgekehrt vor dem Einfluss polnischer Dienstmädchen auf die Erziehung deutscher Kinder.
Deutsches Propagandaplakat zur (freiwilligen) Anwerbung polnischer Arbeiter für das "Altreich"
Der Text lautet: "Ihre Armut hat ein Ende. Sie fahren zur Landarbeit nach Deutschland."
Plakatanschlag vom April 1940 im Generalgouvernement":
Verordnung des Generalgouverneurs Hans Frank vom 24.April 1940 zur Pflicht, sich zur Landarbeit zur Verfügung zu stellen.
Lesen Sie bitte auch folgende Dokumente:
Verhaltensmaßregeln für Polen im "Altreich"
Merkblatt über die Behandlung von ausländischen Arbeitskräften
Lesen Sie zur damaligen Situation der Zwangsarbeiter im „Altreich“ den ersten Teil des zweiteiligen Aufsatzes von Joachim Hennig: Die Morde vor der Haustür – Die „Sonderbehandlung“ der Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg ist ein dunkles Kapitel, in: „Heimat zwischen Hunsrück und Eifel – Beilage der Rhein-Zeitung für Schule und Elternhaus Nr. 7 – Juli 2004:
In diesen Wochen und Monaten häufen sich die Gedenktage an die Zeit des Nationalsozialismus, an das wohl dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte. Besonders markant sind der 20. Juli 1944 und dann die Endphase des Zweiten Weltkrieges, die den Krieg auch in unsere Region brachte und dann – zunächst im Osten – zur Befreiung der Konzentrationslager führte.
Über die Schrecken des Krieges hierzulande gerät manchmal aus dem Blick, dass Hitler-Deutschland mit der Entfesselung des Zweiten Weltkrieges unendliches Leid über fast alle Völker Europas gebracht hat. Dieses Leid ist oft namenlos und für uns schwer erfahrbar, fand es doch auf den Schlachtfeldern - vornehmlich des Ostens – statt. Wenn man etwas intensiver vor Ort recherchiert, dann entdeckt man aber auch Schicksale von Menschen, die hier bei uns lebten und die den Terror des Nationalsozialismus gleichsam vor unserer Haustür erleiden mussten. Ein Beispiel ist die Behandlung der Ausländer, die während des Krieges im Allgemeinen zwangsweise und bzw. oder unter oft unter entwürdigenden Bedingungen in Deutschland arbeiteten.
Während des Zweiten Weltkrieges herrschte im Deutschen Reich ein eklatanter Mangel an Arbeitskräften. Die Männer waren als Soldaten vielfach an der Front und fehlten deshalb vor allem in der Landwirtschaft, in der Industrie und im Bergbau. Die Lage verschärfte sich noch dadurch, dass die Kriegswirtschaft einen ungeheuren Bedarf an Arbeitskräften hatte, der durch die Rekrutierung deutscher Frauen bei weitem nicht gedeckt werden konnte. Spätestens seit Herbst 1941 war die gesamte Kriegswirtschaft alternativlos auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen. Diese verschaffte man sich zum einen aus den Kriegsgefangenen, die man – unter Verstoß gegen das Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der Heere im Felde und das Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen vom 27. Juli 1929 (Genfer Konvention) – zur Arbeit zwang. Zum anderen wurden - vor allem aus den besetzten Gebieten im Osten - eine große Zahl von „Zivilarbeitern“ oft zwangsweise rekrutiert. Sie wurden als „Fremdarbeiter“ oder „ausländische Arbeitskräfte“, wenn sie aus der Sowjetunion kamen, als „Ostarbeiter“ bezeichnet. So heißt es beispielsweise in dem geheimen „Programm des Arbeitseinsatzes“ des „Beauftragten für den Vierjahresplan und Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz“ Fritz Sauckel vom 20. April 1942 u. a.: „Die restlose Beschäftigung aller Kriegsgefangenen sowie die Hereinnahme einer Riesenzahl neuer ausländischer Zivilarbeiter und Zivilarbeiterinnen ist zur undiskutierbaren Notwendigkeit für die Lösung der Aufgaben des Arbeitseinsatzes in diesem Kriege geworden. Alle diese Menschen müssen so ernährt, untergebracht und behandelt werden, dass sie bei denkbar sparsamstem Einsatz die größtmöglichste Leistung hervorbringen.“ Dieser Aufruf schloss dann mit dem „alten nationalsozialistischen Grundsatz“: „Nichts für uns, alles für den Führer und sein Werk, d. h. für die Zukunft unseres Volkes!“
Im August 1944 – also vor nunmehr 60 Jahren - waren im Gebiet des „Großdeutschen Reiches“ 7.615.970 ausländische „Arbeitskräfte“ als beschäftigt gemeldet, davon 1,9 Millionen Kriegsgefangene und 5,7 Millionen zivile Arbeitskräfte; darunter 1,7 Millionen Polen und 2,8 Millionen Sowjets. Dem „Geografischen Verzeichnis nationalsozialistischer Lager und Haftstätten des Internationalen Suchdienstes in Arolsen (ITS) zufolge gab es „Zivilarbeiterlager“ auch im früheren Kreis Zell, so in Traben-Trarbach (90 Personen), Enkirch (100 Personen), Beuren (55 Personen), Burg (50 Personen), Sohren (105 Personen), in Ernst (früherer Kreis Cochem) 50 Personen sowie vor allem im früheren Kreis Mayen, so z. B. in Nickenich (165 Personen), in Andernach (1735 Personen), in Mertloch (145 Personen), in Mayen (465 Personen), in Münstermaifeld (60 Personen), in Kerben (105 Personen), in Dreckenach (75 Personen), in Rüber (60 Personen), in Kruft (280 Personen), in Ochtendung (275 Personen), in Saffig (75 Personen) und in Plaidt (200 Personen). In den Nürnberger Prozessen ging das Gericht von der Grundüberzeugung aus, es hätte der nationalsozialistischen Ausländerpolitik ein „Sklavenarbeitsprogramm“ zugrunde gelegen, „das die Deportation von mehr als fünf Millionen Menschen zum Zwecke der Zwangsarbeit erforderte, wobei viele von ihnen schreckliche Grausamkeiten und Leiden erdulden mussten.“
So „nötig“ der Arbeitseinsatz der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen für die Nazis auch war, so brachte er auch ungeheure Probleme mit sich. Die Sicherheitsbehörden hatten große Angst, dass die Ausländer die deutsche Bevölkerung politisch „infiltrieren“ könnten. Vor allem aber fürchtete man um die „Reinheit der deutschen Rasse“, wenn ausländische (Zwangs-)Arbeiter näheren Kontakt zu deutschen Frauen und Mädchen bekamen.
Die ersten Zwangsarbeiter waren Polen, die als Kriegsgefangene und als „Zivilarbeiter“ nach Deutschland kamen. Ende September 1939 waren bereits ca. 100.000 Gefangene in der deutschen Landwirtschaft tätig, im November waren es 250.000 und bis Jahresende etwa 300.000.
Angesichts dieser Zahlen und des „Bedrohungspotenzials“ erscheint es fast zwangsläufig, dass der nationalsozialistische Staat grundlegende Regelungen bis hin zu Sanktionen für Fehlverhalten traf. Dies geschah am 8. März 1940 mit dem Erlasswerk zur Regelung der Arbeits- und Lebensbedingungen der polnischen Zivilarbeiter – die so genannten „Polenerlasse“. Sie sind ein Meilenstein in der Geschichte der nationalsozialistischen Ausländerpolitik und Auftakt zu einem immer geschlossener werdenden, nach Nationalitäten differenzierenden Sonderrecht für ausländische Zwangsarbeiter. Mit diesen Erlassen – zehn an der Zahl – war das Leben der polnischen Arbeiter nahezu vollständig reglementiert. So waren die Polen nach Möglichkeit geschlossen unterzubringen, sie hatten auf der rechten Brustseite eines jeden Kleidungsstückes stets sichtbar das Kennzeichen „P“ zu tragen, durften grundsätzlich keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen und ihnen war jeder gesellige Verkehr mit der deutschen Bevölkerung, insbesondere der Besuch von Theatern, Kinos, Tanzvergnügen und Gaststätten, verboten.
Als „Annex“ zu diesen Ge- und Verboten verstand es der Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei Heinrich Himmler gleich auch die Sanktionen gegen Verstöße hiergegen zu regeln und Kompetenzen an sich zu ziehen – und damit etwa die Justiz von der Ahndung der Verstöße hiergegen auszuschließen. Danach sollten „ständig lässige Arbeit, Arbeitsniederlegung, Aufhetzung der Arbeiter, eigenmächtiges Verlassen der Arbeitsstätte, Sabotagehandlungen u.ä. m.“ ausschließlich von der Gestapo verfolgt werden. Für Geschlechtsverkehr von Polen mit Deutschen „oder sonstigen unsittlichen Handlungen“ zwischen Polen und Deutschen konnte Himmler für die polnischen Arbeitskräfte „Sonderbehandlung“ (d.h. die Todesstrafe) verhängen und für die deutschen Frauen deren Diffamierung und Bestrafung durch die Justiz bzw. Einweisung in ein Konzentrationslager vorsehen.
Für die Hinrichtungen traf das Reichssicherheitshauptamt bis ins Einzelne gehende Regelungen. So musste der Hinrichtungsort sorgfältig ausgewählt werden, bestimmte polizeiliche Maßnahmen waren zu treffen, zeitweise war das Fotografieren später das Nichtfotografieren geregelt. Im Allgemeinen mussten die Hinrichtungen Landsleute der Opfer selbst vornehmen. Landsleute aus der Umgebung des „Tatortes“ mussten – zur Abschreckung - auch der Hinrichtung beiwohnen. Eine Zeitlang wurde die Nachricht über die Exekution auch in den regionalen Zeitungen verbreitet.
Neues von Norbert Widok (Update 12/2022)
Jetzt hat der Regionalforscher Wolfgang Schmitt-Kölzer, Wittlich, dieses Schicksal neu und sehr plastisch aufgearbeitet. Anstoß dazu war, dass Schmitt-Kölzer vor einigen Jahren eine Regionalstudie zur Zwangsarbeit über die Reichsautobahn (Wolfgang Schmitt-Kölzer: Bau der Reichsautobahn in der Eifel [1939-1941/42]) geschrieben hatte. Jetzt hat Schmitt-Kölzer die Ergebnisse seiner Forschungen speziell zu Norbert Widok zusammengetragen und auch noch dessen Sohn Adam Widok für seine Arbeit gewinnen können. Entstanden ist so eine eindrückliche Biografie mit zahlreichen Fotos von Norbert Widok, weiteren Informationen zu dem Zwangsarbeiterlager „Eiserne Hand“ bei Bassenheim sowie einem Link zu einem Interview, in dem Norbert Widok seine Flucht aus dem Lager in Siegburg geschildert hat.
All dies ist online zu sehen und zu lesen auf der Website von „Porta Polonica“. Dies ist eine digitale Dokumentationsstelle zur Kultur und Geschichte der PolInnen in Deutschland. Sie will die Spuren und Einflüsse des polnischen Lebens in Deutschland erforschen, dokumentieren und im Internetportal sichtbar machen. Gleichzeitig versteht sie sich als Forum für die in Deutschland lebenden PolInnen. Sie bildet eine digitale Plattform zur Vernetzung und zum Austausch und leistet damit einen Beitrag zur aktiven Mitgestaltung der Erinnerungskultur.
HIER ist der Link zu der sehr interessanten Biografie von Norbert Widok