Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de

  

Magdalena M. kommt am 4. Februar 1907 in Metternich (heute: Koblenz-Metternich) zur Welt. Sie besucht die Schule ohne Auffälligkeiten, bleibt danach zu Hause und hilft in der elterlichen Landwirtschaft mit. Im Jahr 1925 stirbt ganz unerwartet ihre Mutter. Der Tod setzt Magdalena sehr zu. Sie kommt in Anstalten, im September 1930 in die Heil- und Pflegeanstalt Andernach. Sie ist dort in gehobener Stimmung, sehr lebhaft, lacht viel und singt lustige Lieder. Sechs Wochen später wird sie als gebessert entlassen. Bei den gelegentlichen Hausbesuchen findet der Arzt sie in gutem körperlichen Zustand und in ausgeglichener Stimmung vor, sie macht „keine Schwierigkeiten“.

Februar 1933 Magdalena arbeitet in Koblenz. Nach einer mehrere Wochen dauernden lebhaften Phase bleibt sie ihrer Arbeitsstelle fern, besucht einen Freund, um mit ihm Fastnacht zu feiern.

Juni 1933 Sie hat wieder einige Wochen hartnäckige Depressionszustände; es ist eine relativ leichte Erkrankung. Sie bleibt im Haus, ihr Vater und die beiden Geschwister kümmern sich um sie. Dann ist sie wieder einige Monate „gesund“, eine Anstaltsbehandlung ist nicht nötig.

2. Halbjahr 1933 Der Arzt findet Magdalena bei zwei Hausbesuchen in gutem Zustand und ausgeglichener Stimmung. Ihren Freund hat sie weiterhin. Inzwischen arbeitet sie als Hausangestellte in Koblenz.

30. August 1934 Beim Arztbesuch wird Magdalena nicht angetroffen. Die Geschwister geben an, dass sie jetzt nicht mehr arbeite, viel unterwegs sei und „poussiere“. Daraufhin wird sie als erbkrank gemeldet.

28. September 1934 Das Gesundheitsamt Koblenz hört Magdalena zur beabsichtigten Unfruchtbarmachung an.

1. Oktober 1934 Als Antwort schreibt sie:
Habe das Schreiben vom 28. September erhalten. Erst war ich wie vom Blitz getroffen, als ich solche Beleidigung las, trotzdem dass ich erst vor 3 Wochen am Blinddarm operiert wurde. (…) Wenn Sie mich hier aufsuchen wollen im Beisein meines Vaters, soll es mir recht sein, aber an meinen Leib kommt kein Arzt mehr ohne meine Bewilligung.

2. Oktober 1934 Das Gesundheitsamt Koblenz beantragt beim Erbgesundheitsgericht Koblenz ihre Unfruchtbarmachung.

29. Oktober 1934 Magdalenas Vater wird in dem Verfahren vor dem Erbgesundheitsgericht als Pfleger bestellt.

3. Dezember 1934 Das Gericht beschließt Magdalenas Sterilisation, weil sie an „manisch depressivem Irresein“ leide.

18./19.Dezember 1934 Ihr Vater legt gegen den Beschluss des Erbgesundheitsgerichts Koblenz Beschwerde ein. Er begründet sie damit, dass Magdalena erst durch den plötzlichen Tod ihrer Mutter krank geworden sei. Zudem habe sich ihr Zustand in den letzten Jahren gebessert, so dass sie auch zur Zufriedenheit ihrer Arbeitgeber gearbeitet habe.

19. Januar 1935 Das Erbgesundheitsobergericht in Köln weist die Beschwerde zurück. In dem Beschluss heißt es: Manischdepressives Irresein sei angeboren und könne nicht durch ein äußeres Ereignis ausgelöst werden. Auch ändere eine eventuelle Besserung des Leidens nichts an der krankhaften Anlage, diese solle ja gerade „ausgemerzt“ werden.

3. Juni 1935 Magdalena stellt einen Antrag auf Wiederaufnahme des abgeschlossenen Verfahrens. Noch am selben Tag lehnt das Erbgesundheitsgericht Koblenz den Antrag ab, weil keine Wiederaufgreifensgründe dargetan seien.

5. Juni 1935 Sie wird im Krankenhaus Kemperhof in Koblenz unfruchtbar gemacht.

27. August 1935 Bei einem weiteren Hausbesuch trifft der Arzt Magdalena nicht zu Hause an. Ihre Schwester erzählt, sie sei nach der Sterilisation zu Hause geblieben, habe jetzt aber wieder Arbeit als Hausangestellte gefunden. 

Foto mit fr. Genehmigung: Landeshauptarchiv Koblenz, Akten des Gesundheitsamtes Koblenz betr. Madgalena M.