Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de

Das Vernichtungslager Treblinka

   
 

 "Es war die fürchterlichste Sache,
die ich in meinem Leben gesehen habe"

 

(Adolf Eichmann später über seinen Besuch in Treblinka)


Lage: Treblinka ist ein Dorf nahe der Gemeinde Malkinia Gorna im "Landkreis" Ostrowski (früher: Sokolow) in der "Provinz" Masowien (früher: Warschau) in Ostpolen, an der Grenze zu Weißrussland. Der kleine Ort liegt ca. 80 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Warschau, inmitten eines dünn besiedelten Gebietes. Treblinka ist Bahnstation. Wenige Kilometer weiter verläuft an der Station Malkinia die Bahnstrecke Warschau-Bialystok. In der unmittelbaren Nähe von Treblinka errichteten die Nationalsozialisten ein Vernichtungslager ein.
    
Gründung des Lagers: Mit der Besetzung Polens durch Hitler-Deutschland wurden die polnische Hauptstadt Warschau und ihre Umgebung ein Distrikt im "Generalgouvernement". Damit begann die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung in Polen. Treblinka war ein Teil des Besatzungsgebietes. Zunächst bauten die deutschen Besatzer im Sommer 1941 in der Nähe von Treblinka ein Zwangsarbeiterlager (-Treblinka I-), dann ein Jahr später das Vernichtungslager Treblinka (-Treblinka II-). Treblinka war nach Belzec und Sobibor das dritte und zugleich größte Vernichtungslager der "Aktion Reinhardt", das wie diese allein zur physischen Vernichtung von Menschen bestimmt war.  Fast ausschließlich wurden in Treblinka und den anderen beiden Vernichtungslagern Juden ermordet. Der Befehl Himmlers zur Errichtung des Lagers erging im April 1942, einen Monat später begannen die Bauarbeiten. Für Treblinka sprachen die gute verkehrsmäßige Anbindung und die weitgehende Abgeschiedenheit. Günstig war auch die - relative - Nähe zu Warschau mit dem mit Abstand größten polnischen Ghetto.   
 
Aufbau des Lagers: Die Struktur des Lagers entsprach der von Sobibor, es war aber das perfektest organisierte der drei Lager. Seine einzige Schwachstelle war die kurze Rampe, die mit dem Nebengleis  extra neu angelegt worden war. An die Rampe schloss sich der erste von drei Funktionsbereichen, das Auffanglager (Lager I, auch "unteres Lager" genannt), an. Dort mussten sich die Ankommenden auskleiden, ihre Wertsachen und Dokumente abgeben, den Frauen wurden die Haare geschoren. Die SS-Leute hatten alles zur Täuschung ihrer Opfer hergerichtet: Eine Baracke, in der die Wertsachen der Ankommenden gelagert wurden, täuschte einen Bahnhof mit dem Fantasienamen "Treblinka-Obermajdan" vor: mit aufgemalter Uhr, Fahrplänen, Aufschriften wie "Kasse", "Zum Warteraum 3. Klasse", "Zum Warteraum 2. Klasse" und "Zum Warteraum 1. Klasse". Auf einem großen Schild hieß es: "Macht euch keine Sorgen um euer Schicksal. Ihr geht alle zur Arbeit nach dem Osten. Ihr werdet arbeiten und eure Frauen werden den Haushalt führen. Vor der Abreise müsst ihr jedoch ein Bad nehmen und eure Kleidung muss entlaust werden. Ihr müsst eure Wertsachen und Geld an der Kasse deponieren, wofür Quittungen ausgehändigt werden. Nach dem Bad und der Entlausung werdet ihr alles wieder unversehrt zurückerhalten." Im Lager I war auch - getarnt - das "Lazarett" für die Kranken, Kleinkinder und Transportunfähigen und ein Massengrab für sie. Für die anderen Opfer führte ein enger Gang, der "Schlauch", in das "Totenlager" (Lager II oder "oberes Lager" genannt). Am Ende des "Schlauchs" befand sich das Gebäude mit den Gaskammern. Es war zynisch dekoriert mit einem Davidstern über dem Eingangstor und Topfpflanzen im Eingangsbereich. Im Eingang hing ein Vorhang aus einer Synagoge mit dem hebräischen Spruch: "Dies ist das Tor, durch das die Gerechten eingehen." An das Gaskammergebäude schloss sich ein Anbau mit dem Motor an: In der Umgebung befanden sich die Massengräber und die Unterkünfte des Sonderkommandos der "Arbeitsjuden" sowie später auch die Verbrennungsroste. Der dritte Bereich, vor dem Nebengleis gelegen, hieß "Wohnlager". Hier hatten die "Trawniki-Männer" ihre Unterkünfte und die SS-Leute ihre Wohn- und Aufenthaltsbaracken sowie ihre Versorgungseinrichtungen. Später kamen hier noch die Unterkünfte und Werkstätten der "Arbeitsjuden" hinzu. Dieser Teil war in dem "Wohnlager" selbst noch doppelt mit Stacheldraht eingezäunt. Die drei Bereiche ("Wohnlager", "Auffanglager" und "Totenlager") waren nach außen und zueinander mit Stacheldraht abgetrennt und dieser - soweit wie nötig - mit Tannenzweigen getarnt.  
 
Die SS-Männer: Das Vernichtungslager Treblinka hatte nacheinander vier Kommandanten. Alle waren zuvor schon an der Ermordung psychisch Kranker und Behinderter im Rahmen der "T4-Aktion" beteiligt gewesen, der erste Kommandant Irmfried Eberl sogar als Arzt. Als er wegen Unfähigkeit abgelöst wurde, folgte ihm Franz Stangl, der erster Kommandant von Sobibor gewesen war. Auch die allermeisten der weiteren 25 - 35 SS-Leute des Lagers waren vorher mit den Morden in den sechs Tötungsanstalten beschäftigt gewesen. Unterstützt wurden sie von durchschnittlich 120 vor allem ukrainischen Wachmännern, die zuvor Kriegsgefangene waren und dann "freiwillig" in Trawniki eine Einweisung in ihre Tätigkeit für die SS erhalten hatten. Der Reichsführer-SS Heinrich Himmler und auch der Leiter des Judenreferats im Reichssicherheitshauptamt Adolf Eichmann inspizierten das Lager. Eichmann gab später dazu zu Protokoll: "Es war die fürchterlichste Sache, die ich in meinem Leben gesehen habe."  
 
Der Ablauf der Vernichtung: Die meisten Menschen kamen mit Güterzügen in das Vernichtungslager. An der Rampe wurden die Kranken, Kleinkinder, Transportunfähigen von einem besonderen Kommando aussortiert und zum "Lazarett" gebracht. Sie wurden zu einem kleinen Arbeitskommando gebracht, das Armbinden mit dem Zeichen des "Roten Kreuzes" trug. Dies musste sich um die Opfer kümmern, bevor und nachdem sie von SS-Leuten erschossen worden waren. Von der Rampe wurden die anderen Ankommenden von den "Arbeitsjuden" im "blauen" Kommando (mit blauen Armbinden) zum Auskleide- bzw. Sortierplatz gebracht. Auf dem Entkleideplatz half das Kommando mit den roten Armbinden beim Auskleiden. Die Kleidung wurde vom "Sortierkommando" eingesammelt und sortiert. Die "Goldjuden" sammelten Gold, Geld, Juwelen usw. ein und sortierten es.  
 
Die "Frisöre" schnitten den Frauen die Haare ab und sortierten sie. Die nackten Menschen wurden nach Geschlechtern getrent durch den "Schlauch" zum Lager III getrieben. Dort standen SS-Leute mit Hunden. Sie waren abgerichtet, Menschen anzufallen. Den Männern bissen sie in die Genitalien, den Frauen in die Brüste und rissen ihnen Fleischstücke heraus. Bisweilen spielte hier ein Orchester aus 10 Berufsmusikern, um die Schreie der in die Gaskammern Getriebenen zu übertönen. Nachdem die Menschen dort ermordet worden waren, zerrte das "Rampenkommando" die Toten heraus. Die "Dentisten" mussten sie nach Goldzähnen und nach in Körperöffnungen versteckten Gegenständen untersuchen, die Goldzähne brachen sie mit Zangen heraus und sammelten sie. Das "Transportkommando" übernahm die Leichen an dieser Rampe und schleppte sie in die Massengräber. Das "Reinigungs-" bzw. "Schlauchkommando" reinigte in der Zwischenzeit die Gaskammern. Von der Ankunft eines Zuges im Lager bis zur Ermordung der Deportierten dauerte es im Regelfall nicht mehr als etwa 2 Stunden.  
 
Die Transporte: Am 23. Juli 1942 begannen in Treblinka die Massenmorde mit den ersten Deportationen aus dem Warschauer Ghetto. In den folgenden fünf Wochen wurden mindestens 280.000 Menschen vor allem aus dem Warschauer Ghetto ermordet. Allein in der Woche vom 17. bis 23. August 1942 waren es mehr als 10.000. In dieser Woche besuchte der SS-Obersturmführer Kurt Gerstein Treblinka. In seinem berühmten Bericht heißt es u.a.: "Die Einrichtung war dieselbe, nur viel größer als in Belzec, 8 Gaskammern und wahre Gebirge von Koffern, Textilien und Wäsche."  Dieser "Hochbetrieb" führte zu einem derartigen Chaos, dass die Vernichtung eine Woche lang eingestellt werden musste. Danach ging sie mit den neuen Kommandanten Stangl weiter. Im September und Oktober kamen auch 11 Transporte mit 18.000 Menschen aus dem Konzentrationslager Theresienstadt nach Treblinka. Unter ihnen waren Juden, die zuvor aus dem Westen nach Theresienstadt deportiert worden waren. Der letzte Zug erreichte Treblinka am 23. August 1943. Man schätzt die Zahl der in etwas mehr als einem Jahr in Treblinka ermordeten Menschen auf mindestens 900.000.
 
Aufstand am 2. August 1943: Als die Transporte nach Treblinka weniger wurden und ein Ende des Lagers und damit auch der verbliebenen "Arbeitsjuden" absehbar war, plante ein "Organisationskomitee" einen Aufstand und Ausbruch. Zahlreiche "Arbeitsjuden" nutzten die Abwesenheit einiger SS- und "Trawniki-Männer" und verschafften sich Zugang zum Waffendepot. Anders als erhofft, bekämpften die "Trawniki-Männer" jedoch die Aufständischen mit Maschinengewehren. Gleichwohl konnten 200 bis 250 aus dem Lager fliehen. Viele wurden aber erschossen. Etwa 60 Überlebende sind namentlich bekannt.
 
Die Auflösung des Lagers: Der Aufstand führte zum Ende des Lagers. Himmler befahl, es dem Erdboden gleichzumachen und alle Spuren zu beseitigen. Bereits ab März 1943 hatte man die Leichen aus den Massengräbern exhumiert und - wie in den beiden anderen Vernichtungslagern - Tag und Nacht verbrannt. Mit ihnen verbrannt wurden auch die bei den laufenden Vergasungen Ermordeten. Das gesamte Gelände wurde umgepflügt, Bäume wurden gepflanzt, Lupinen gesät und ein Bauernhaus errichtet, von dem aus ein "Trawniki-Mann" das Terrain bewachen sollte.    
 
Gedenken: Nach jahrelangen Planungen wurde im Jahr 1964 eine an einen jüdischen Friedhof erinnernde Anlage eingeweiht. Sie existiert heute noch weitgehend unverändert und gilt als einer der eindrucksvollsten Erinnerungsorte an den Holocaust.