(Hinweis: Diese Webseite ist erst 2005 entstanden - Sie lesen hier über die früheren Vereinstätigkeiten)
Unser Förderverein Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus Koblenz e.V. hieß ursprünglich "Förderverein zur Errichtung eines Mahnmals für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz". Sein vorrangiges Ziel war anfangs die Initiative zur Errichtung eines Mahnmals für NS-Opfer.
Die Idee für ein Mahnmal zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz entstand ersichtlich im Sommer 1996. Unabhängig voneinander hatten das die damalige SPD-Bundestagsabgeordnete Ursula Mogg und der Pfarrgemeinderat von St. Elisabeth in Koblenz-Rauental im Sinn.
Anstoß für Ursula Mogg war wohl der Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Dazu gab es eine kleine Notiz in der Rhein-Zeitung – Ausgabe Koblenz – im Sommer 1996, die aber nicht mehr auffindbar ist. Wohl zur selben Zeit hatte der Pfarrgemeinderat St. Elisabeth die Idee zu einem Förderverein für ein solches Mahnmal. Beweggrund dafür war die Erinnerung an ein ehemaliges Mitglied der Pfarrgemeinde, dessen Schicksal die Gemeinde anlässlich seines 50-jährigen Bestehens entdeckt und dem er anlässlich einer Fahrt zur Mahn- und Gedenkstätte des Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück bei Fürstenberg/Havel nachgespürt hatte.
Foto von Anna Speckhahn (mit Sohn)
Die Rede war und ist von Anna Speckhahn – einer gläubigen Katholikin, die sich wiederholt kritisch zum Nationalsozialismus geäußert hatte und dadurch in das Fadenkreuz der Gestapo geraten war. Eine weitere kritische Äußerung im Oktober 1943 wurde ihr zum Verhängnis. Aufgrund einer Denunziation nahm sie die Gestapo Koblenz fest, sperrte sie im Gefängnis in der Karmeliterstraße ein und sorgte dafür, dass sie von dort in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück verschleppt wurde. Sechs Wochen später war Anna Speckhahn im KZ – wie man so sagt – umgekommen. Nachdem sie das erfahren hatten, beschlossen der damalige Pfarrer der Gemeinde, Michael Laux, und andere Gemeindemitglieder, mit einem kleinen Mahnmal an Anna Speckhahn zu erinnern und dazu einen Förderverein zu gründen.
Die Gründungsphase unseres Vereins begann dann mit einem Treffen am 29. November 1996 in der Begegnungsstätte der Pfarrgemeinde St. Elisabeth. Die Einladung dazu, die in der Rhein-Zeitung – Ausgabe Koblenz – mitgeteilt wurde, war nur eine kleine Nachricht unter vielen.
Zu dem Treffen fand sich ein sehr überschaubarer Kreis ein. Mit dabei waren die Ideengeber, also Mitglieder des Pfarrgemeinderats und auch Ursula Mogg. Gekommen waren Vertreter von interessierten Vereinen und Institutionen. Man kannte sich. In der Rhein-Zeitung war dazu zu lesen, dass sich an den Vorbereitungen neben engagierten Einzelpersonen die im Stadtrat vertretenen Parteien, das Stadtarchiv, die Christlich-Jüdische Gesellschaft, der Freundeskreis Koblenz-Petah Tikva, der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Sozialverband Reichsbund und die Landeszentrale für politische Bildung beteiligt haben.
Joachim Hennig war der einzige Unbekannte in diesem Kreis. Pfarrer Laux nahm ihn daraufhin zur Seite und fragte ihn, warum er eigentlich da sei. Als er ihm das erklärte, meinte er, man weiß ja nie, bei solchen Themen kämen oft auch Leute, die da nicht hingehörten und nur stören wollten. Na ja, Hennig ist jedenfalls geblieben. Man kam dann überein, im Frühjahr die Gründung eines Vereins zur Errichtung eines Mahnmals für Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz zu versuchen. Ziel war – wie es hieß – die Errichtung eines Mahnmals zum Gedenken an alle Opfer des Nationalsozialismus, gegen das Vergessen und zur ständigen Wachsamkeit und Verantwortung für die Zukunft.
Ein solches Mahnmal für alle Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz war damals überfällig. Denn seinerzeit – wie auch heute – gab und gibt es kein Gebäude, das erkennbar an diese Zeit und vor allem an Verfolgung und Widerstand im damaligen Koblenz erinnert. Vor allem die Luftangriffe der Alliierten gegen Ende des Zweiten Weltkrieges zerstörten die Altstadt so stark, dass die für die Erinnerung wichtigen Gebäude abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden mussten.
Das gilt vor allem für das Zentrum der Verfolgung und des Terrors, für das Gebäude der Geheimen Staatspolizei(leit)stelle Koblenz in der Straße „Im Vogelsang 1 – 3“. Es befand sich an der Ecke Im Vogelsang/Regierungsstraße.. Nach dem Krieg wurden hier Wohnungen für französische Offiziere errichtet.
Historisches Foto vom Gestapogebäude
Ebenso wenig existierte damals noch das Gebäude des Land- und Amtsgerichts Koblenz in der Karmeliterstraße, an der Einmündung der Straße „Im Vogelsang“ in diese. Dort tagten die Gerichte, insbesondere die Große Strafkammer des Landgerichts, aber auch das Sondergericht Köln bei seinen auswärtigen Terminen in Koblenz und ab Dezember 1940 das dann neu errichtete Sondergericht Koblenz. An derselben Stelle steht heute das Gebäude des Land- und Amtsgerichts Koblenz. Es ist aber ein Bau aus den 1950er Jahren, der keine Erinnerung an das frühere Gebäude weckt.
Historisches Foto vom Landgericht
Nicht viel anders war es mit dem Gerichtsgefängnis, dem „Karmelitergefängnis“, in der Karmeliterstraße vom Landgericht aus ca. 100 Meter weiter in Richtung St. Castorkirche/Deutsches Eck. Dort an dem kleinen Kreisel und an der Ecke Rheinstraße stand damals das Gefängnis. Es war zu Beginn des 19. Jahrhunderts unter napoleonischer Besetzung als Karmeliterkloster säkularisiert worden und diente seitdem – und damit verstärkt auch in der NS-Zeit – als Gefängnis von Koblenz. Heute befindet sich auf dem Gelände eine Liegenschaft des Bundes, es ist ein Teil eines Bürogebäudes des ehemaligen Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB).
Historisches Foto vom Karmelitergefängnis
Ebenfalls aus dem Stadtbild verschwunden ist das damalige Polizeipräsidium am Kaiser-Wilhelm-Ring 47 – 51 (heute Friedrich-Ebert-Ring). Damals war das Sitz des Polizeipräsidenten, der Schutzpolizei (Ordnungspolizei) und der Kriminalpolizei. Dort befand sich auch das Polizeigefängnis. Das Gebäude überstand den Krieg unzerstört. Es wurde dann aber in den 1960er Jahren vollständig beseitigt und durch den Neubau der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz ersetzt.
Historisches Foto vom Polizeipräsidium
Andere Gebäude, wie das der damaligen Regierung (Bezirksregierung), des Oberpräsidiums der Rheinprovinz, wie auch das Coenensche Haus in Koblenz-Ehrenbreitstein und vor allem das der ehemaligen Synagoge im Bürresheimer Hof am Florinsmarkt 11 – 13 sind zwar noch von ihrem Erscheinungsbild vorhanden, aber sie rufen praktisch keine Erinnerung an die damalige Verfolgung und den Widerstand in Koblenz wach.
Auch gab es in Koblenz damals nur zwei Gedenkorte. Der eine war das 1947 auf dem Jüdischen Friedhof in der Schlachthofstraße/Schwerzstraße errichtete Mahnmal für die jüdischen Opfer aus Koblenz und der andere war das Ende der 1970er Jahre am Ort des ehemaligen Karmelitergefängnisses in der Karmeliterstraße angebrachte Relief für Pater Joseph Kentenich.
Relief für Pater Josef Kentenich in der Karmeliterstraße, am Ort des ehemaligen Karmelitergefängnisses.
Von daher war ein allgemeiner und deutlich sichtbarer Erinnerungsort für alle NS-Opfer aus Koblenz (und Umgebung) in Koblenz überfällig.
Schon bei den Vorgesprächen für die Gründung des Fördervereins war der heutige (Stand: 2019) stellvertretende Vorsitzende des Vereins und Verfasser des gesamten Textes auf dieser Homepage, Joachim Hennig, mit dabei. Anstoß für dieses Engagement war die Beschäftigung mit der regionalen juristischen Zeitgeschichte. Über diese kam Hennig Mitte der 1990er Jahre zur Gedenkarbeit in Koblenz und Umgebung.
1994 – Regionale juristische Zeitgeschichte
Auslöser für Hennigs Beschäftigung mit der juristischen Zeitgeschichte war das Jubiläum der Stadt Koblenz im Jahr 1992. Aus Anlass von „2000 Jahre Koblenz“ hatte der damalige rheinland-pfälzische Justizminister Peter Caesar die Idee, aus Anlass des Stadtjubiläums sollten sich alle in Koblenz ansässigen Gerichte und Staatsanwaltschaften zusammenfinden und eine Ausstellung machen. Der Gedanke war: Koblenz sollte sich anlässlich des Jubiläums als „kleine Residenz des Rechts“ darstellen.
Alles war schon angedacht und geplant. Die Ausstellung war im Programmheft für die „366 Feiertage“ im Jahr 1992 mit dem Titel: „Recht finden, Recht bewahren, Recht verteidigen, Recht sprechen“ angekündigt. Weiter hieß es dazu:
„Koblenz ist zentraler Ort der Justizbehörden des Landes Rheinland-Pfalz, mit dem Verfassungsgerichtshof, einem Oberlandesgericht, einem Landgericht und einem Amtsgericht, mit dem Oberverwaltungsgericht und einem Verwaltungsgericht sowie einem Arbeitsgericht, einem Sozialgericht, der Rechtsanwaltskammer und der Notarkammer.
Von 1806-1816 befand sich in Koblenz eine der Universität Paris zugeordnete Rechtsschule mit drei Lehrstühlen für bürgerliches Recht und je einem für römisches und Strafecht. Eine Fortentwicklung zur juristischen Fakultät einer Universität ist unterblieben, als Bonn zum Sitz der Universität der Rheinprovinz bestimmt wurde.
Die Ausstellung wird die Geschichte der Rechtspflege in Koblenz in verschiedenen Epochen dokumentieren.
Eröffnung: 30. Oktober, 11.00 Uhr durch den Herrn Minister der Justiz Peter Caesar, OLG Dienstgebäude 2, Regierungsstraße 7.
Dauer: 2.-13.November
Öffnungszeiten: Mo-Fr 9.00-16.00 Uhr
Veranstalter: Justizministerium Rheinland-Pfalz, Justizbehörden in Koblenz.“
Der Präsident des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz bat Hennig, der damals Richter beim Oberverwaltungsgericht war, für den verwaltungsgerichtlichen Teil dieser Ausstellung 2 – 3 Ausstellungstafeln zu erarbeiten. In der Folgezeit begab sich Hennig an die Arbeit, recherchierte u.a. im Landeshautarchiv Koblenz und im Stadtarchiv Koblenz sowie bei der Stadtverwaltung Koblenz und verfasste Texte dazu.
Hennig war der einzige, der für diese Ausstellung gearbeitet hatte. Sie kam dann auch nicht zustande. Damit diese Arbeit nicht unnütz war, setzte er seine Recherchen und die Ausarbeitung fort. Daraus entstand ein sehr umfangreicher Text. Er wurde dann 1994 in der damals neu gegründeten Schriftenreihe des Justizministeriums Rheinland-Pfalz als Band 2 veröffentlicht:
Joachim Hennig: 2000 Jahre Koblenz – fast 200 Jahre Verwaltungsrechtsschutz in Rheinland-Pfalz, Schriftenreihe des Ministeriums der Justiz, Frankfurt/Main u.a. 1994.
Das fand Hennig sehr interessant. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit – sein Thema – begann also. In diesem Buch stellt Hennig die Geschichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Rheinland-Pfalz dar. Sie beginnt mit in der napoleonischen Zeit, in der das linke Rheinufer von Frankreich besetzt und mit vier linksrheinischen Departements in den französischen Staat eingegliedert war. Damals wurde das französische Präfektursystem auch in Koblenz und Umgebung eingeführt. Dazu gehörte auch die Einrichtung eines Präfekturrates im Jahr 1800. Das war ein Gremium von Juristen, das – meist – öffentlich-rechtliche Streitigkeiten (vor-)entschied, die der Präfekt dann bestätigte.
Ausgehend von diesen Anfängen des Verwaltungsrechtsschutzes (übrigens in dieser Form und dieser Zeit einmalig in ganz Deutschland) wird dann die Geschichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit bis heute dargestellt. Besonders eingehend schildert Hennig darin den Verwaltungsrechtsschutz in der NS-Zeit. Es ist wohl auch heute noch eine der ganz wenigen regionalen Studien zur Verwaltungsgerichtsbarkeit in Nazi-Deutschland.
Lesen Sie HIER:
(258 Seiten - PDF-, Achtung Mobilfunk-Datennutzer: Die Dateigröße beträgt 184 MB)
1996 – Biografie über einen aufrechten Demokraten und Gegner des Nationalsozialismus
Bei seinen Recherchen zur Verwaltungsgerichtsbarkeit in Koblenz und Umgebung stieß Hennig auf einen aufrechten Demokraten, der sich während der Weimarer Republik dem aufkommenden Nationalsozialismus mannhaft entgegengestellt hatte. Es war der frühere Beigeordnete von Koblenz und erster Polizeipräsident von Koblenz, Dr. Ernst Biesten. Biesten war Jurist und hatte sich in der Stadtverwaltung Koblenz hochgearbeitet. Wie man heute erkennen kann, war er in der damaligen Zeit eine „Lichtgestalt“ unter den Koblenzer Juristen. Er wurde nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten sehr schnell aus dem Amt entfernt und konnte dann nicht mehr in seinem Beruf als Jurist arbeiten. Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus setzten die Amerikaner ihn wieder in führende Positionen in der sich im (Neu-)Aufbau befindlichen Verwaltung ein. Zuletzt war er erster Präsident des neu geschaffenen Landesverwaltungsgerichts (heute: Oberverwaltungsgerichts) und des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz. Biesten musste geradezu „entdeckt“ werden, denn seine Person und sein Wirken waren hier vollkommen unbekannt.
Biesten hatte es Hennig angetan. Kaum hatte er sein Buch über die Verwaltungsgerichtsbarkeit abgeschlossen, begann er mit intensiven Recherchen nach Dr. Ernst Biesten. Dabei hatte er Glück. Über die familiäre Schiene erhielt er Kontakt zu einer von Biestens Töchtern, zu Frau Irmingard Hattingen, geb. Biesten. Sie lebte im fortgeschrittenen Alter mit ihrem Ehemann Gerd in Unkel/Rhein. Die Eheleute Hattingen waren gegenüber Hennig sehr aufgeschlossen, öffneten ihr Fotoalbum und ihre Dokumentensammlung bereitwillig, auch vermittelten sie ihm einen persönlichen Blick auf ihren Vater und Schwiegervater. Das war für Hennig eine glückliche Fügung. Daraus und aus weiteren Recherchen erarbeitete er sein zweites Buch. Es erschien zwei Jahre später als Band 4 der Schriftenreihe des Justizministeriums Rheinland-Pfalz. Das war der Beginn einer jahrelangen Beschäftigung mit der Darstellung von Dr. Ernst Biesten, die auch auf dieser Homepage wiederholt zu sehen ist.
Lesen Sie HIER die Biografie über Dr. Ernst Biesten:
(271 Seiten -PDF. Achtung Mobilfunk-Datennutzer: Die Dateigröße beträgt 184 MB)
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