Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de

Aktionswochen der Fachhochschule Koblenz Ende Juni 2006.

 

Ab dem 20. Juni 2006 veranstaltete der AStA der Fachhochschule Koblenz Aktionswochen unter dem Motto „Der (Neo-)Faschismus in Deutschland“. Daran beteiligt war auch unser stellvertretender Vorsitzender Joachim Hennig. In drei Beiträgen – dem Vortrag „Warum heißt die Hoevelstraße eigentlich so?“, der Vorführung des Films „Nackt unter Wölfen“ und dem Vortrag über die Koblenzer Sinti, insbesondere Daweli Reinhardt – informierte Hennig über ein Stück politischer Heimatgeschichte.

Heimatgeschichte war es deshalb, weil die „Hoevelstraße“ eine Straße in Koblenz ist, sie liegt im Stadtteil Metternich. Und gerade „politische“ Heimatgeschichte ist es, weil die Straße nach zwei hier in Koblenz während des Zweiten Weltkrieges lebenden Menschen, den Eheleuten Anneliese und Andreas (André) Hoevel, benannt wurde. Diese wurden, weil sie Kommunisten waren und es während der Nazi-Diktatur auch blieben, hier in Koblenz verhaftet und später zum Tode verurteilt und hingerichtet. Die Eheleute Hoevel stehen beispielhaft für diejenigen Deutschen aber auch vielen Ausländern, die sich dem Nationalsozialismus widersetzten und deshalb verfolgt und ermordet wurden. Männer und Frauen – und selbst Jugendliche - aus allen sozialen Schichten und politischen Lagern protestierten gegen die NS-Diktatur. Gruppen wie die „Rote Kapelle“, der „Solf-Kreis“ oder der „Kreisauer Kreis“, Kommunisten, Gewerkschafter, Sozialdemokraten, bekennende Christen und bürgerliche Intellektuelle, aber auch viele Einzelne, die einfach nur „anständige“ Deutsche sein wollten, widersetzten sich dem Unrechtsregime.

Eine Hommage an André Hoevel ist der Roman „Nackt unter Wölfen“ von Bruno Apitz und auch der gleichnamige Film, der nach diesem Roman entstanden ist. Beide, Roman und Film, ist mit Einschränkungen authentisch. Sie schildern, wie in den letzten Monaten des Konzentrationslagers Buchenwald ein kleiner jüdischer polnischer Junge dorthin illegal verschleppt und von politischen Häftlingen, vor allem von dem Kapo der Effektenkammer, unter Einsatz ihres Lebens versteckt und dann auch gerettet wird. Dieses authentische Geschehen verbindet Bruno Apitz nun mit Kameraden, die ihm während seiner langjährigen KZ-Haft besonders nahestanden. In dem Text, den Apitz seinem Roman voranstellte, heißt es dazu: „Ich grüße mit dem Buch unsere toten Kampfgenossen aller Nationen, die wir auf unserem opferreichen Weg im Lager Buchenwald zurücklassen mussten. Sie zu ehren, gab ich vielen Gestalten des Buches ihre Namen.“ Einer von ihnen ist die Hauptfigur des Romans und Films, der Kapo der Effektenkammer. Sein Name ist André Hoevel. André Hoevel, der mit Bruno Apitz von November 1937 bis Weihnachten 1938 zusammen im KZ Buchenwald einsaß und tatsächlich auch Kapo der Effektenkammer dort war. Auf seine Romanfigur André Hoevel angesprochen, sagte Apitz einmal: „Der wirkliche Höfel hatte mit dem Kind gar nichts zu tun. Ich habe nur den Namen Höfel verwendet. Im Buch ist Höfel auch nicht der wirkliche Höfel. Denn er war, bevor die Geschichte mit dem Kind im Lager stattfand, längst tot. Höfel ist hingerichtet worden.“

In seiner dritten Veranstaltung erzählte Hennig die Geschichte der „Zigeuner“ im 20. Jahrhundert in Koblenz und dabei insbesondere die Lebensgeschichte des Koblenzer Sinto Daweli Reinhardt. Der 1932 geborene Daweli kam mit seinen Eltern und Geschwistern noch im selben Jahr nach Koblenz. Die Nazis deportierten ihn und seine Familie am 10. März 1943 in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Daweli überlebte mehrere Konzentrationslager und auch den „Todesmarsch“ aus dem KZ Sachsenhausen. Nach dem Krieg war er vor allem Musiker und zusammen mit Schnuckenack Reimnhardt Mitbegründer des Schnuckenack-Reinhardt-Quintetts. Daweli ist vielfacher Vater und Großvater. Fast alle seiner zahlreichen Söhne und Enkelsöhne haben von ihm das Gitarrenspiel gelernt.