Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de

Blick in die Koblenzer Elendsquartiere

Filmemacher Herbert Bartas stellt in neuer Dokumentation benachteiligte Schichten und das Wirken des Pfarrers Clemens Alzer in den Mittelpunkt
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Clemens Alzer - Pfarrer und Kämpfer für benachteiligte Gruppen in unserer Gesellschaft.

Filmemacher Herbert Bartas widmete dem egagierten Geistlichen einen eigenen Film. Jetzt wurde Premiere gefeiert.

KOBLENZ, Das Standbild zeigt eine riesige Wasserlache auf einem unbefestigten Platz. Drumherum stehen Kinder mit typischen Frisuren der 60er-Jahre. Dahinter sieht man Blechbaracken. „Das war unser Badezimmer“ sagt Angelika Reinhardt leise in die Stille, die beim Anblick des Bildes im Vorführraum herrscht. Die kurze Episode verdeutlicht eindrucksvoll die unwürdigen Verhältnisse, unter denen Menschen bis in die 70er-Jahre in einigen Koblenzer Stadtteilen lebten. Wie es dem katholischen Priester Clemens Alzer gelang, diese Verhältnisse zu verändern, zeigt der Film „Mittendrin und doch am Rande der Gesellschaft - über das Wirken des Arbeiterpriesters Clemens Alzer“, der im Kolpinghaus der Pfarrei St. Elisabeth gezeigt wurde.
Das von der Sparkasse Koblenz geförderte Werk des Filmers Herbert Bartas aus Polch wurde initiiert und mitgestaltet von Joachim Hennig, der auch Zweiter Vorsitzender des Vereins „ Mahnmal Koblenz“ ist. Der Besucherandrang war so groß, dass vom hoffnungslos überfüllten Gruppenraum in den großen Saal ausgewichen werden musste. Oberbürgermeister Dr. Eberhard Schulte-Wissermann betonte in seinem Grußwort: ,,Wir sind in Koblenz angetreten, eine Stadtgemeinschaft zu bilden, in der jeder seinen Platz hat. CIemens Alzer hat sich für diese Ziele bereits in den 60er-Jahren eingesetzt, und er ist ohne Egoismus für andere da gewesen“
Dies bestätigt auch Katzer Laroche, die als Kind am Schönbornsluster Weg wohnte: „Pfarrer Alzer hatte für alle ein offenes Ohr und war zu jedem gut.”
Zahlreiche Sinti, die damals in den Baracken und Wohnwagen hausten, waren gekommen, um ihren "Raschei", was in der Sinti-Sprache Romanes "Pfarrer" bedeutet, zu begrüssen. Darunter auch der Musiker Django Reinhardt, der private Film- und Fotodokumente zur Verfügung gestellt hatte, und Marinho Steinbach, der viele Jahre Messdiener war.
Zu Beginn zeigt der Film den Kontrast zwischen den Hochglanzseiten der Rhein-Mosel-Stadt und den Elendsquartieren im Stadtteil Lützel. Im Gespräch mit Joachim Hennig erzählt Clemens Alzer, der tägliche Anblick der Elendsquartiere bei der Bahnfahrt zum Rasselstein-Werk, wo er als Schichtarbeiter am Fließband sein Geld verdiente, habe ihn angetrieben, hier zu helfen.
Um das Vertrauen der Bewohner zu erlangen, zog er mitten unter sie in einen Wohnwagen ohne WC und Wasseranschluss
Der Film schildert, wie es Alzer durch Beharrlichkeit und manchmal auch Lästigfallen gelang, dass Ende der 70er-Jahre Wohnhäuser für die Barackenbewohner gebaut wurden, und wie die Kinder die Bildungschancen bekamen, die ihrem Talent entsprachen
Als Clemens Alzer im Mai 2005 mit der Landesverdienstmedaille ausgezeichnet wurde, veranstalteten die Sinti ihm ein grosses Fest. Hierbei sagte der Priester: "Ich habe bei euch Werte gefunden, eure Gastfreundschaft, die Bereitschaft zum Teilen und dass ihr in den Grossfamilien eure Alten ehrt."
“Im Publikum sind viele Bekannte und Wegbegleiter. Die Ordensschwestem Beate und Maria Dolorosa sind aus Wittlich gekommen. „In unserem ehemaligen Kloster Maria Trost hat er die Messe gelesen.‘ Aus Trier kommt Domvikar und Ordinariatsrat i. R. Berthold Zimmer, seinerzeit im Bistum für den Priestereinsatz zuständig:
“Der Film ist sehr informativ und bodenständig.” Ganz vorn sitzt der 91-jährige Sanitätsrat Dr. Heinrich Clemens.
Als die Sinti ihn erkennen, begrüßen sie ihn herzlich:
“Der Doktor, der war Tag und Nacht für uns da.“ Clemens Alzer bleibt auch angesichts der grossen Resonanz auf “seinen“ Film bescheiden: “Ich freue mich über das gemischte Publikum. Den stärksten Eindruck hat auf mich das Gespräch von Trautchen und Lilly Reinhardt gemacht.“ Für den Betrachter macht der Film deutlich, dass Alzer, ganz im Sinne des Mannes von Nazareth, der für ihn Leitbild und Orientierung ist, massgeblich dazu beitrug, dass Menschen, die am Rande der Gesellschaft lebten, integriert wurden und dass ihnen ihre Würde zurückgegeben wurde. -Winfried Scholz