Vor 80 Jahren: Verfolgung, Inhaftierung und Verschleppung jüdischer und politischer Emigranten in Frankreich – Neue Ausstellung
In diesen ersten Wochen und Monaten des Jahres 2022 geht das Gedenken zurück an den beginnenden Völkermord an den Juden Europas vor 80 Jahren. Ein Markstein auf dem Weg in den Holocaust war die sog. Wannsee-Konferenz. Am 20. Januar 1942 trafen sich 15 hochrangige Vertreter des NS-Staates, der NSDAP und der SS zur Besprechung der „mit der Endlösung der Judenfrage zusammenhängenden Fragen“. In der Tarnsprache hieß es in dem später angefertigten Protokoll: „Anstelle der Auswanderung ist nunmehr als weitere Lösungsmöglichkeit nach entsprechender vorheriger Genehmigung durch den Führer die Evakuierung der Juden nach dem Osten getreten. (…) Im Zuge dieser Endlösung der europäischen Judenfrage kommen rund 11 Millionen Juden in Betracht. (…) Im Zuge der praktischen Durchführung der Endlösung wird Europa vom Westen nach Osten durchgekämmt.“
Nach der Wannsee-Konferenz wurde dieses Deportationsprogramm umgesetzt. Die schon zuvor begonnenen Deportationen von Juden aus dem „Großdeutschen Reich“ (dem „Altreich“, Österreich sowie Böhmen und Mähren) wurden wieder aufgenommen und die Juden nach und nach aus allen von Deutschland beherrschten Gebieten und aus den meisten mit dem Deutschen Reich verbündeten Staaten verschleppt. Während die Deportationen aus dem „Altreich“ sehr gut aufgearbeitet und weitgehend bekannt sind, ist das Wissen um die Verschleppungen aus dem übrigen Europa eher gering. Und dabei gehörten zu den aus allen Teilen Europas Deportierten nicht nur die einheimischen, sondern auch zahlreiche aus Hitler-Deutschland geflohene Juden.
Deshalb hat unser Förderverein Mahnmal Koblenz aus Anlass der 80. Wiederkehr der Deportationen eine Ausstellung erarbeitet, die das Schicksal der nach Frankreich geflüchteten Juden darstellt. Das Fluchtland Frankreich wurde ausgewählt, weil viele von ihnen, früher oder später, in dieses „klassische Asylland“ emigrierten.
Noch weniger bekannt als das Schicksal der nach Frankreich geflohenen und dann von dort deportierten deutschen Juden ist das der politischen Emigranten. Sie wurden zu Beginn des Krieges als „gefährliche“ oder „unerwünschte“ Ausländer interniert und vielfach „auf Verlangen“ der deutschen Besatzer denen ausgeliefert. Anschließend wurden sie in deutsche Konzentrationslager oder – nach einem Prozess wegen Hochverrats vor dem Volksgerichtshof – in Zuchthäuser verschleppt..
Beide Opfergruppen werden in der Ausstellung exemplarisch an 15 Einzelbiografien oder solchen von Familien aus dem südlichen Rheinland, aus Koblenz und Umgebung, dargestellt. So sind 15 Lebensbilder von ehemaligen Nachbarn entstanden, die der Verfolgung durch Hitler-Deutschland entgehen wollten – und dann doch meist von Holocaust, Verfolgung und Tod eingeholt wurden. Eingeführt in diese Biografien wird mit einer ausführlichen Einleitung zur Situation der Emigranten im damaligen Frankreich.
Die Ausstellung ist auf Personentafeln erstellt und kann beim Förderverein Mahnmal ausgeliehen werden. Da sie wegen der Corona-Beschränkungen bisher noch nicht präsentiert werden konnte, ist sie jetzt auf dieser Homepage virtuell zu sehen.
Möglich wurde das durch das Amt für Wiedergutmachung in Saarburg, das bei der umfangreichen Recherche sehr behilflich war, und durch die Förderung des Beauftragten der Ministerpräsidentin für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen in Rheinland-Pfalz und die Dr. Wolfgang und Anita Bürkle-Stiftung, Kirn. Ihnen gilt der besondere Dank unseres Fördervereins Mahnmal Koblenz.