Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de

Der Koblenzer Sinto Daweli Reinhardt

Es war Frau Gunhild Schulte-Wissermann, die den Kontakt zu dem Koblenzer Sinto Daweli Reinhardt herstellte. Im Spätwinter 2002 sprach sie Joachim Hennig nach einem seiner Vorträge über NS-Opfer aus Koblenz und Umgebung an, warum er eigentlich keine Sinti porträtiere. Als Hennig darauf antwortete, er kenne keine und wisse von den Einzelschicksalen nichts, wurde Frau Schulte-Wissermann aktiv. Über Django Reinhardt, den sie als Vorsitzende des Vereins Django Reinhardt Music-Friends gut kannte, stellte sie den Kontakt zu Djangos Vater, Daweli Reinhardt, her.

Der damals 70-jährige Daweli Reinhardt, der seine Lebensgeschichte nicht öffentlich gemacht hatte, war schnell für ein Gespräch mit Joachim Hennig zu begeistern. So kam es, dass sich Daweli und seine Frau Waltraud („Trautchen“) und Joachim Hennig auf Einladung (und köstlicher Bewirtung!) von Frau Schulte-Wissermann wohl ab März im Hause Schulte-Wissermann trafen. Dabei erzählte Daweli sein Leben. Es war eine eindrucksvolle Geschichte, die Daweli aus „Hundert Jahren Familie Reinhardt“ – so der Titel des daraus entstandenen Büchleins – vor seinen Zuhörern ausbreitete. Es war ein Erlebnis, wie Daweli sehr genau und plastisch die Kinderjahre in Koblenz und seine Haft in verschiedenen Konzentrationslagern, die mit der Deportation der ganzen Familie am 10. März 1943 von Koblenz aus begann, schilderte. Nur selten kam es vor – aber wenn, dann an den genau richtigen Stellen -, dass seine Frau Trautchen ihn fragte: „Sag mal, Daweli, war das damals wirklich so oder war das vielleicht anders?“. Und dann kam Dawelis Ergänzung bzw. Korrektur postwendend und genauso plastisch und detailreich wie auch sonst.

Diese Interviews wurden auf Tonband aufgezeichnet. Joachim Hennig hörte sie umgehend ab und erarbeitete daraus eine Biografie. Das geschah unter erheblichem Zeitdruck, denn das Büchlein sollte am 30. Juni 2003 fertig sein, an diesem Abend sollte ein letztes großes Konzert für und mit Daweli Reinhardt stattfinden. Noch im Nachhinein „kribbelt“ Joachim Hennig bei dieser Zeitplanung. Denn unter diesem Druck war keine Zeit für umfangreiche Recherchen. Zwar hatte sich Hennig schon zuvor und dann auch begleitend zu den Interviews eingehend mit der Verfolgungsgeschichte der Sinti beschäftigt, aber zur Recherche über das persönliche Schicksal Dawelis und seiner Familie blieb es keine Zeit. So musste – ganz unwissenschaftlich – Dawelis Biografie ohne Absicherung durch objektive Quellen entstehen. Das Faszinierende auch daran war, dass Hennigs spätere eingehende Recherchen voll und ganz die Richtigkeit und Plausibilität Dawelis Angaben bestätigten – auch die unwahrscheinlichsten: Dawelis Erzählung war nicht nur sehr detailgenau und plastisch, sondern auch historisch „richtig“ und plausibel.

Und dabei beschränkten sich Dawelis Erzählungen nicht auf die 12 Jahre NS-Zeit. Vielmehr berichtete er von den „Hundert Jahren Musik der Reinhardts“. Einen großen Teil seiner erzählten Lebensgeschichte nahmen dabei die Nachkriegszeit und seine Zeit als „Alleskönner“ und als werdender und allseits anerkannter Musiker ein.

Mit viel Glück gelang es dann aber doch, rechtzeitig zum großen Konzert mit und für Daweli auf der Festung Ehrenbreitstein die Biografie „Hundert Jahre Musik der Reinhardts. Daweli erzählt sein Leben“ herauszubringen.

Wenig später wurde das Daweli-Büchlein in der Koblenzer Buchhandlung Reuffel vorgestellt. Geschrieben hat es Joachim Hennig im Stile einer Autobiografie und mit Daweli als Erzähler. Dementsprechend firmieren auch Daweli Reinhardt und Joachim Hennig als Autoren. Inzwischen gibt es drei Auflagen des Büchleins.


Lesen Sie Hier einen Artikel der Rhein-Zeitung vom 15. Juli 2003

Lesen Sie Hier einen Artikel der Rhein-Zeitung vom 19. Juli 2003

 

Lesen Sie Hier: Daweli Reinhardt/Joachim Hennig: Hundert Jahre Musik der Reinhardts. Daweli erzählt sein Leben.
(Hier die Biografie in der 4. Auflage, 2018, als PDF-Datei).

Lesen Sie HIER noch die Rohtextversion der 1. Auflage – von 2003 und ohne Bebilderung, aber mit dem Nachwort der 2. Auflage. Hundert Jahre Musik der Reinhardts – Daweli erzählt sein Leben - wegen der Dateigröße ebenfalls als PDF-Datei

 

Gerne können sie aber auch ein bebildertes Exemplar über den Förderverein Mahnmal beziehen,

siehe HIER