Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de

„Wir werden verbrannt“, wir müssen sterben!“


Die „Euthanasie“-Geschädigten gehören – jedenfalls in Koblenz und Umgebung - zu den (fast) vergessenen Opfern des Nationalsozialismus. Damit sich das ändert, gibt es jetzt eine Ausstellung im Herz-Jesu-Haus Kühr in Niederfell/Untermosel, die an die Anfang Mai 1943 in Tötungsanstalten verschleppten Bewohnerinnen von Kühr erinnert. Unter dem Motto „Gegen das Vergessen“ hält unser stellvertretender Vorsitzender Joachim Hennig einen Vortrag über das damalige Geschehen und die abtransportierten Frauen und Mädchen und gibt eine Einführung in die neue Ausstellung dort: „‘Wir werden verbrannt, wir müssen sterben!‘ – ‚Verlegungen‘ vom Herz-Jesu-Haus Kühr in Tötungsanstalten im Mai 1943“.

Hintergrund ist, dass im (weiteren) Rahmen der „Aktion Brandt“ auch von Kühr geistig behinderte Frauen und Mädchen im Mai 1943 in NS-Tötungsanstalten verschleppt wurden: am 6. Mai 60 Bewohnerinnen in das Gaukrankenhaus Klagenfurt/Kärnten, am 8. Mai 40 Patientinnen in die thüringische Landesheilanstalten Stadtroda und am 7. Mai 50 Kranke in die sächsische Landesheilanstalt Altscherbitz. Die meisten nach Altscherbitz Verlegten wurden später weiter verschleppt in die Heil- und Pflegeanstalten Warta (bei Posen/Poznan), Tiegenhof (bei Gnesen/Gniezno), (Meseritz-)Obrawalde und Pfafferode. Von den 150 Abtransportierten überlebten nachweislich nur 14.

80 Jahre später werden das Geschehen und die Schicksale dieser Menschen erstmalig gründlich aufgearbeitet und dargestellt. Das geschieht in der im Rahmen der Veranstaltung eröffneten Ausstellung „Wir werden verbrannt, wir müssen sterben!“. Mit 13 „Stationen“ - 11 Rollups, einem Koffer und einem Info-Turm - wird darin über die „Brandt-Aktion“, die beteiligten Tötungsanstalten und die Schicksale der Verschleppten informiert. Dabei stehen die Biografien zahlreich porträtierter Kranker im Vordergrund.

Die von unserem stellvertretenden Vorsitzenden erarbeitete Ausstellung und dessen einführender Vortrag dazu sind Teil einer umfangreichen Arbeit zur Geschichte der „Idioten-Pflegeanstalt Kühr“/„Pflegeanstalt Herz Jesu-Haus Kühr bei Niederfell“.  Aus Anlass des 150-jährigen Bestehens des Herz-Jesu-Hauses im Jahr 2022 arbeitet Hennig die Geschichte des Hauses auf. Das geschieht zurzeit unter dem Arbeitstitel „‘Tue deinen Mund auf für die Stummen.‘ - 150 Jahre Herz-Jesu-Haus Kühr in Niederfell, die ersten 75 Jahre (1872-1947)“. Geplant ist, diese Geschichte im Laufe des Jahres 2023 zu veröffentlichen. Vorab und aus gegebenem Anlass wird mit der Ausstellung und dem Vortrag über einen wichtigen Teilaspekt dieser Geschichte berichtet.

Alle Interessierten sind vom Herz-Jesu-Haus Kühr zu der Veranstaltung mit der nachfolgenden Einladung herzlich eingeladen: