Foto: Holger Weinandt (Koblenz, Germany) 12.07.2011  Lizenz cc-by-sa-3.0-de

Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz am 27. Januar 2017

Die Veranstaltungen am Gedenktag selbst

Am 27. Januar 2017, dem internationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, fanden in Koblenz die traditionellen Veranstaltungen statt: die Statio am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus auf dem Reichensperger Platz und die Gedenkstunde mit christlich-jüdischem Gebet in der Citykirche.

Lesen Sie HIER das Programm für die Veranstaltungen am 27. Januar 2017.

Früher als sonst, schon um 15.00 Uhr, begannen die Veranstaltungen mit der Statio am Mahnmal. In ihrem Mittelpunkt standen diesmal jüdische Menschen aus Koblenz und Umgebung, die vor 75 Jahren „nach dem Osten“ deportiert wurden. Während Oberbürgermeister Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig die Namen von 14 dieser Opfer verlas, brachten Schülerinnen und Schüler der Diesterweg-Schule und der Hans-Zulliger-Schule die Biografien von ihnen, die auch in der Ausstellung des Fördervereins Mahnmal Koblenz in der Citykirche gezeigt werden, zusammen mit einer weißen Rose am Mahnmal an.


Die Biografien von „nach dem Osten“ deportierter jüdischer Koblenzer,
mit einer weißen Rose angeheftet an das Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus.

Anschließend begrüßte der Oberbürgermeister zur Gedenkstunde die in die Citykirche Gekommenen. Er stellte das Gedenken an die NS-Opfer vor 75 Jahren in den Zusammenhang der heutigen weltpolitischen Veränderungen – wie sie sich durch die nationalen Egoismen, den Rechtspopulismus, die Erschütterungen innerhalb der Europäischen Union und die Präsidentenwahl in den USA ergeben hätten. Dies seien große Herausforderungen unserer Gegenwart, die kaum ohne den Blick auf die Vergangenheit und die Lehren aus der verbrecherischen Politik der NS-Herrschaft bewältigt werden könnten. Schon einmal habe uns und die Völker Europas übersteigerter Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Inhumanität und ein Kult der Gewalt  in das millionenfache Verderben geführt. Das müsse für uns alle eine Mahnung und Verpflichtung zur Humanität, Achtung der Menschenwürde und Toleranz sein. Das seien – so der Oberbürgermeister weiter - grundlegende Werte für das Zusammenleben der Einzelnen und der Gruppen in unserer Gesellschaft.

Oberbürgermeister Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig bei seiner Ansprache in der Citykirche

Der Vorsitzende unseres Fördervereins Dr. Jürgen Schumacher erinnerte in seiner Ansprache konkret an die Verbrechen vor mehr als 70 Jahren. Am 72. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz spannte er den Bogen zu der – höchstwahrscheinlich von Hitler selbst – beschlossenen „Endlösung der Judenfrage“. Der Völkermord an den 11 Millionen Juden, der Holocaust, die Shoa wurden – so Schumacher weiter -  fast auf den Tag genau vor 75 Jahren am 20. Januar 1942 auf der Wannseekonferenz in Berlin organisiert. Unmittelbar danach begannen im Reichssicherheitshauptamt in Berlin die Vorbereitungen für die großen Deportationen aus dem „Altreich“, auch aus Koblenz und Umgebung. Schumacher berichtete von vier großen Deportationen, beginnend mit der 1. Deportation am 22. März 1942 und dann der 4. Deportation am 27. Juli 1942. Den Opfern gab er ihren Namen und ihre Geschichte zurück und erinnerte exemplarisch an das Schicksal des 13-jährigen Mädchens Hannelore Hermann, das mit ihren Eltern Leopold und Johanna Hermann drei von 338 am 22. März 1942 Verschleppten war. Die Rohheit, Gewalt und Menschenverachtung schilderte er eindrucksvoll mit der Darstellung der jüdischen Ehefrau eines Polizeibeamten. Diese war zum „Verladen“ der alten Menschen bei der Deportation nach Theresienstadt zwangsverpflichtet worden. Dr. Schumacher schloss mit den Worten des früheren Präsidenten des Europäischen Parlaments Martin Schulz. Schulz hatte 2015 gesagt: „Die Erinnerung an die schwersten Stunden Europas bestimmt unsere Zukunft. Denn mit dem Gedenken erneuern wir unser Bekenntnis zu unseren demokratischen Werten, in deren Kern das Prinzip steht: Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Die Gedenkstunde schloss mit dem christlich-jüdischen Gebet.

Eindrucksvoll ergänzt wurden die Ansprachen von einem christlich-jüdischen Musizieren. Die Schülerinnen Ellen Paul (Geige)und Sara  Paul (Querflöte) von der Freikirche der Siebten Tags-Adventisten, die schon vor zwei Jahren mit ihrem Vater Biografien vorgetragen hatten, boten das Thema von „Schindlers Liste“ von J. Williams dar. Begleitet wurden sie am Klavier von Svitlana Orlik, Mitglied der Jüdischen Kultusgemeinde.   

Umrahmt wurde die Gedenkstunde mit Orgelmusik, gespielt von Johannes Lamprecht.

Alexander-Haim Koytun beim jüdischen Teil des christlich-jüdischen Gebets.

 

Lesen Sie HIER einen Pressebericht von der Rhein-Zeitung - Ausgabe Koblenz - vom 28. Janaur 2017

Lesen Sie HIER einen Pressebericht von "Blick aktuell" - Ausgabe Koblenz - Nr. 05 vom 2. Februar 2017

In der v.gen Ausgabe von Blick aktuell kam es irrtümlich zu einer falschen Bildunterschrift :
Rabbiner Efraim Yehood-Desel im Gebet.
Zu sehen ist Alexander-Haim Kovtun und nicht der Rabbiner Efraim Yehood-Desel. Die Redaktion bittet, diesen Fehler zu entschuldigen (in Ausgabe Koblenz - Nr. 06 vom  9. Februar 2017, S. 11)
Fotos von Blick aktuell / HH.
(Hermann Hünerfeld)